Ein Filetstück mitten in der Stadt: der Seifi-Parkplatz
Seifi Timo Häusermann und Kaspar Schoch haben Ideen für eine Aufwertung des Seifi-Parkplatzes. Sie wollen den transparenten Dialog mit allen Interessengruppen suchen. Die Seifi entpuppt sich als einmalige Chance.
Die Stadt wird grösser. Die Verwaltung wächst. Angebote wie der öffentliche Verkehr oder Tagesstrukturen ziehen mit, Gesundheitszentren und Arztpraxen finden vermehrt Gefallen an Lenzburg – zahlungskräftige Zuzüger werden mit hippen Quartieren angeworben. «Voll busy», würde der Stadtzürcher sagen. Nun bräuchte es noch einen repräsentativen Stadtplatz für diverse Nutzungen, finden zwei «Ur-Lenzburger». Es sind Timo Häusermann und Kaspar Schoch. Ihr Büro teilen sie sich am Metzgplatz, unweit des Seifi-Parkplatzes. Diesen bezeichnen viele als das «Filetstück der Ortsbürger». Nur: Das Filet ist heute lediglich ein Parkplatz. Da ginge mehr, finden die beiden. «Wir denken, darauf könnte man etwas für die breite Bevölkerung erschaffen», erklärt Timo Häusermann. «Nicht als Konkurrenz zur Altstadt oder zum Museum. Sondern als Erweiterung – zur Aufwertung des gesamten Stadtkerns.»
Ihnen sei bewusst, dass der Platz den Ortsbürgern gehöre. So eine Idee kann damit auch mal Wellen schlagen. Jedoch wollen sie diese gleich brechen. «Ich bin selbst Ortsbürger», beginnt Häusermann: «Aber als solche haben wir auch eine Identität stiftende Verantwortung.» Die bestehenden Gebäude sollen bleiben, allenfalls aufgewertet und durch zusätzliche Nutzungen erweitert werden. Parkplätze müssten nicht verschwinden, warum aber diese nicht untertags platzieren? Käme eine Überbauung, dann bestimmt auch mit Tiefgarage. Für sie wäre eine Überbauung aber die schlechteste Lösung. Mit einer Überbauung wäre wohl die einmalige Chance bei der Seifi vertan.
Die Stadt pragmatisch aufwerten
Aarau hat das Flussufer oder die Igelweid, Wettingen den Rathausplatz. Hinter der Zofinger Altstadt wartet eine grosse Grünfläche auf Familien, Senioren −Jung und Alt. Lenzburg hat die enge Rathausgasse. Der Freischaren-, der Hypiplatz und auch der Metzgplatz sind befahrbar. Der Kronenplatz ist ein Parkplatz. Der Gertrud-Villiger-Platz ist in einer Begegnungszone. Dort begegnen sich jedoch hauptsächlich Lieferwagen für Restaurants und kreuzende Busse.
Zugegeben, Lenzburg hat keine Aare und die Ländereien sind verbaut oder bewirtschaftet. Das ist keine leichte Ausgangslage. Dies mache den Seifiplatz aber nur noch attraktiver für ein solches Projekt. Schliesslich müsse eine Stadt nicht nur Wohn- sondern auch Lebens- und Begegnungsort sein. Ganz besonders, so die beiden, «wenn die Bevölkerung so schnell gewachsen ist, wie in Lenzburg in den vergangenen Jahren.» Wachstum ohne die Identität zu verlieren ist eine Mammutaufgabe für jede Gemeinde. Will Lenzburg in Zukunft als Stadt oder als Agglo mit Altstadt wahrgenommen werden? Die DNA für den Charakter einer Gemeinde gibt die Bau- und Nutzungsverordnung (BNO). Gemäss dieser seien Ideen, aus dem Gebiet einen Gesellschaftsplatz zu machen, möglich, meint Kaspar Schoch. Ihm und Timo Häusermann ist es dabei sehr wichtig, noch einmal zu erwähnen: «Um die Idee weiterzuverfolgen, wollen wir mit allen Interessengruppen zusammenarbeiten und eine wertige, pragmatische Aufwertung der Stadt erreichen. Wir sind gegen niemanden, sondern nur für Lenzburg. Bei der Entwicklung unserer Stadt soll eine Idee wie in unserem Antrag nicht zu kurz kommen.» Überbauungspläne seien keine undenkbare Entwicklungsvariante, aber der kulturelle Auftrag der Ortsbürgergemeinde könnte durchaus auch Förderung der innerstädtischen Aufenthalts- und Lebensqualität bedeuten.
Ein ernst gemeintes Projekt
Dass Häusermann und Schoch nun an die Öffentlichkeit treten, hat weniger mit ihnen selbst und mehr mit ihrer Liebe zum Ort zu tun. «Wir erinnern uns an unsere Jugendzeit in Lenzburg; damals hatte die Stadt konstant etwa 7000 Einwohner. In den letzten Jahren ist die Einwohnerzahl schlagartig angestiegen. Wir haben den Eindruck, dass der Notwendigkeit städtisch reservierter Freiräume für die Bevölkerung zu wenig Beachtung geschenkt wird», schreiben sie in einer Mail an den «Lenzburger Bezirks-Anzeiger». So haben sie 2021 aus unabhängiger Initiative einen Antrag formuliert und diesen beim Stadtrat präsentiert. «Hinsichtlich einer nachhaltigen Stadtentwicklung soll der Stadtrat der Ortsbürgergemeinde ein Entwicklungskonzept zur Nutzung des Seifi-Areals als Platz im Sinn eines städtischen Freiraums vorschlagen. Darin sind explizit auch die Liegenschaften Seifi und Hirzelhaus miteinzubeziehen. Die Idee ist ein Ort, an dem sich der Platz und die beiden Liegenschaften symbiotisch ergänzen.» Auf dem Park könnten Feste, Märkte oder auch Gastronomie ein Zuhause finden.
Die Stadt hat die Antragssteller mehrfach angehört und daraufhin eine Potenzialstudie zum Seifi-Areal in Auftrag gegeben. Nun befürchten sie aber, dass diese in Vergessenheit geraten könnte. Zwar seien im Nachgang zur Studie verschiedene Varianten geprüft, durch andere wichtige Stadtprojekte sei die Idee aber nicht weiterverfolgt worden. Grosse Projekte nahmen Ressourcen in Anspruch. Diese sind nun aber durch. Wenn also nicht jetzt, wann dann, finden die beiden.
Infos zur Idee: www.seifi-lenzburg.ch