Bundesfeier mit vier Frauen
Jubiläum 50 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz. An der Lenzburger Bundesfeier auf dem Schloss moderierte Ruth Steiner gekonnt das Podiumsgespräch mit drei Frauen. Ein Blick zurück, ein Blick auf heute und ein Blick voraus.
Auf dem Rütli mit dem Frauenrütli haben heute die Frauen das Wort», fand Moderatorin Ruth Steiner einleitend. Da stand Lenzburg nicht nach. Mit einer anderen Form der Feier und ohne Festrede, so Stadtammann Daniel Mosimann (SP). Ruth Steiner stellte die Frauen an den Stehtischen vor: Marianne Tribaldos, alt Einwohnerratspräsidentin (Die Mitte), Kathrin Scholl, alt Stadträtin und ehemalige Grossratspräsidentin (SP), sowie Anna Staub, Vorstandsmitglied der Jungfreisinnigen Aargau.
Angesprochen auf das Rollenverständnis war übereinstimmend zu erfahren, dass es sich gewandelt hat. Anna Staub meint, dass heute bei Wahlen weniger auf das Geschlecht geschaut wird, denn auf das Alter. Sogar gelitten hat Marianne Tribaldos. Sie wollte als Lehrerin arbeiten. Doch sie ist freiwillig in die Schweiz gezogen und musste mit der neuen Rolle in der Familie leben. Kathrin Scholl hat sich ihren Platz gesucht, mit ihrer Art, ihrem Wesen und hat sich laufend weitergebildet. «Ich denke, es war immer wichtig, dass ich mir die Aufgaben zugetraut habe», sagte sie und rief in die Runde: «Frauen, traut es euch zu.»
Einen weiteren Aspekt bildete die ausserfamiliäre Kinderbetreuung. Heute hat es deutlich mehr Angebote. Doch können sich alle Familien die Kosten leisten, fragte sich Anna Staub. Ein Rezept kennt auch Marianne Tribaldos nicht und legt in die Mitte. «Es ist eine Frage der gesellschaftlichen Werte: Sind Kinder eine Privatsache?» Gleicher Lohn bei gleicher Arbeit für Mann und Frau? Ruth Steiner erwähnte eine bekannte Zahl. Frauen verdienen immer noch 15 Prozent weniger als Männer. Anna Staub versprühte Zuversicht mit der Behauptung, dass sich die Löhne immer mehr angleichen.
Ruth Steiner fasste zusammen, verwies auf die Fortschritte in Sachen Gleichberechtigung und hofft, dass es der Generation von Anna Staub gelingt, eine Gesellschaft zu etablieren, die gleichberechtigte Entwicklungsmöglichkeiten zulässt.
«Die Schweiz ist so viel mehr als Heidi, Rösti, Uhren und Käse»
Begonnen hat die Bundesfeier mit einem ökumenischen Gottesdienst mit Pfarrerin Elisabeth Weymann und dem katholischen Pfarrer Roland Häfliger. Ausgehend vom Text Galater 3,23-29 befasste sich Elisabeth Weymann in der Predigt mit der Frage, was unser Land so reich, vielseitig und attraktiv macht. Unsere christlichen Wurzeln, die in den ersten Worten der Präambel zur Bundesverfassung ausgedrückt werden: «Im Namen Gottes des Allmächtigen» seien da kein Hindernis, sondern sollten sogar Garant dieser Vielfalt sein. «Die Unterschiede, die es zwischen uns gibt, müssen wir nicht zum Verschwinden bringen. Vor Gott spielen diese existierenden Unterschiede keine Rolle. Die Schweiz ist so viel mehr als Heidi, Rösti, Uhren und Käse: Die Schweiz, das sind wir alle, ob Christen, Muslime, Juden oder Anhänger anderer Religionen, Männer und Frauen, die seit 50 Jahren Gott sei Dank auch mitbestimmen dürfen.»
In den Gebeten und den Fürbitten wurden dem menschenfreundlichen Gott all jene anvertraut, die in der Öffentlichkeit Verantwortung tragen und erbittet wurde die Eintracht im Land. Vor dem Segen betete die Gemeinschaft das «Unser Vater». Schwungvolle Vorträge des Bläserensembles der Brass Band Imperial Lenzburg leiteten über zum Podiumsgespräch.
Frauenrunde: Moderatorin Ruth Steiner, Kathrin Scholl, alt Stadträtin, Marianne Tribaldos, alt Einwohnerrätin, und Anna Staub, Vorstandsmitglied der Jungfreisinnigen Aargau.Foto: Alfred Gassmann