Ausgegraben: Von Rentieren und Luxusschlitten
Die Adventszeit hat begonnen und überall finden sich weihnächtlich dekorierte Geschäfte, Fenster und in goldenes Licht getauchte Einkaufsstrassen. Dieses Jahr muss freilich vielerorts auf Weihnachtsmärkte und allzu gesellige Abende bei Glühwein und Punsch verzichtet werden. Ein Grund mehr, im trauten Heim für eine Extraportion Weihnachtsstimmung zu sorgen. Dazu gehören in manchen Vorgärten leuchtende LED-Rentiere samt Schlitten. Wahlweise auch zwei bis drei Rentiere ohne Schlitten.
Einzeln sollte ein Ren nämlich nicht gehalten werden. Nur in der Herde fühlen sich die flauschigen Stirnwaffenträger wirklich wohl. Und ein mit Geschenken vollgepackter Schlitten ist für ein einzelnes Tier auch ziemlich schwer zu ziehen.
Anders als während der letzten Eiszeit ist die Hirschart heute ausserhalb der Weihnachtszeit nur noch im hohen Norden zu finden, beispielsweise in Lappland, wo je nach Vorstellung und Brauchtum auch der Weihnachtsmann wohnhaft ist. Im Gegensatz zum schweizerischen Mittelland verzeichnen die nordischen Winter noch ausreichend Schnee für Schlittenfahrten.
Dass das vor nicht allzu langer Zeit in Lenzburg auch noch so war, davon zeugt eines der beliebtesten Exponate im Museum Burghalde. Ein künstlerisch toll gestalteter Hundeschlitten aus dem Besitz der Familie Hünerwadel. Die Hünerwadels hielten jedoch kein heulendes Husky-Rudel in einem Zwinger hinter dem Haus. Vielmehr wurde der besagte Schlitten von einem Pferdegespann gezogen. Der hölzerne Aufbau eines luxuriösen Kufenfahrzeuges hat vorne, ähnlich einer Galionsfigur, die Form eines Hundes. Auf der schmalen Sitzbank fanden aber wohl nur die Kinder der Familie genügend Platz. Gebaut wurde der Prunkschlitten im 18. Jahrhundert. Der Künstler ist unbekannt.
Das Barockzeitalter gilt als Blütezeit solcher Luxusschlitten, bei denen Form klar vor Funktion geht. Wer es sich leisten konnte, der liess sich in reich verzierten Hunden, Schwänen, Hirschen und Löwen oder sogar antiken Göttern durch die verschneite Landschaft kutschieren. Ob auch Rentiere beim Ziehen des Schlittens zum Zug kamen, ist leider nicht überliefert.
«Ausgegraben». Hier schreiben Mitarbeiter des Lenzburger Museums Burghalde jeweils in der ersten Ausgabe des Monats über originelle Fundstücke.