Ausgegraben: Knochen im Museum

Eine Mischung aus Faszination und Schauder ist in den Gesichtern der Kinder zu erkennen, als ich ihnen erzähle, dass sich im nächsten Ausstellungsraum echte Menschenknochen befinden. Genauer gesagt, ein ganzer Friedhof aus der Jungsteinzeit.
Was sich für einige anhört wie ein Gruselkabinett, ist keinesfalls als solches gedacht. Schliesslich sind die 6200 Jahre alten Skelette wegen ihres kulturgeschichtlichen Wertes ausgestellt. Dieser ist bei den Steinkistengräbern vom Goffersberg gross. Denn steinzeitliche Gräber sind in der Schweiz sehr selten.
Das Grausen in den Kinderaugen schwindet allmählich. Vor allem als die Kinder erfahren, was sich aufgrund der Knochen alles über das Leben der ältesten Lenzburger herausfinden lässt, steigt die Neugier: Weshalb wurden so viele Menschen in dieselbe Steinkiste gezwängt? Waren die Menschen miteinander verwandt? Wieso sind sie gestorben?
Am Abend nach einem solchen gewöhnlichen Vermittlungstag räume ich die Urgeschichtswerkstatt auf und packe meine Sachen. Als ich gerade an den Gräbern vorbeigehe, löscht bereits jemand das Licht im Ausstellungsraum. Kein Problem. Schnell ist die Handytaschenlampe gezückt. Als das schummrige Licht auf die Knochen in der Vitrine fällt und mir die dunklen Augenhöhlen entgegenblicken, stellen sich mir auch nach all den Jahren meiner Tätigkeit als Archäologin noch kurz die Nackenhaare auf. Zugeben würde ich das aber niemals!
Das jungsteinzeitliche Gräberfeld vom Goffersberg ist in der Dauerausstellung des Museums Burghalde zu sehen. Am Sonntag, 25. Oktober, um 16 Uhr findet am Entdeckungsort der Gräber – 500 Meter vom Museum entfernt – die Einweihung der neuen Geländetafel statt.
«Ausgegraben». Hier schreiben Mitarbeiter des Lenzburger Museums Burghalde jeweils in der ersten Ausgabe des Monats über originelle Fundstücke.