Ausgegraben: 135 Jahre Erbsli extrafein
Vor genau einem Jahr spielte sich in den hiesigen Supermärkten ein Szenario ab, das vielen zuvor nur aus den Nachrichten von weit her oder aus Spielfilmen bekannt war. Erst schleichend, dann sehr abrupt. Die Regale der Grossverteiler waren plötzlich leergekauft. Teigwaren, Reis, Mehl und Hefe wurden einkaufswagenweise zur Kasse geschoben und waren kurzzeitig begehrte Mangelware. Klopapier drohte zur neuen Währung auf dem Schwarzmarkt zu werden.
Auch ein weiteres Produkt erlebte ungeachtet vieler Foodtrends eine echte Hochkonjunktur: die Konservendose. In solchen Zeiten wird sie endlich wieder geschätzt, denn sie tut genau, was sie soll. Sie hält Essen schmackhaft und frisch. Und das nötigenfalls für eine sehr lange Zeit.
Vor 135 Jahren wurde in Lenzburg Konservengeschichte geschrieben. In jenem Sommer nahm die «Conservenfabrik Lenzburg, Henckell, Zeiler & Cie.» die Produktion auf. Gustav Henckell persönlich beschriftete in sorgfältigen Lettern die erste Dose: «Diese Dose Erbsen wurde am 17. Juni 1886, dem ersten Tage unserer Fabrikation, hergestellt». Für die seit 1910 unter dem Namen «Hero» (Henckell & Roth) bekannte Konservenfabrik waren Erbsen bald der wichtigste Fabrikationszweig. Über 4 Millionen Kilogramm Erbsen sollen zeitweise jährlich verarbeitet worden sein. Die legendären Ravioli aus der Dose, die so manche Kindheit geprägt und aus vielen Campingausflügen bis heute nicht wegzudenken wären, kamen 1948 auf den Markt. Heute sind sie auch komplett vegetarisch erhältlich – allerdings ohne Erbsli.
Und wie steht es um die Erbsen aus der ersten Lenzburger Konservendose? Ob diese nach über 100 Jahren noch geniessbar wären, wird ein Geheimnis bleiben. Die Dose ist und bleibt ungeöffnet. Wird etwa im Jahr 2120 irgendwo eine ungeöffnete Dose mit der Aufschrift «Gehamstert Anfang März 2020» in einem Museum zu sehen sein?
Die erste Hero-«Conserve mit Erbsen extrafein» kann seit dieser Woche endlich wieder im Museum Burghalde besichtigt werden.
«Ausgegraben». Hier schreiben Mitarbeiter des Lenzburger Museums Burghalde jeweils in der ersten Ausgabe des Monats über originelle Fundstücke.