Petition gegen Rebstock-Abbruch gibt zu reden

Seengen 70 Jahre Wirtshaustradition vor dem Abriss. Über 1300 Menschen wehren sich gegen das Ende des Rebstocks – und suchen zugleich nach einer Zukunft für das Dorfzentrum. Auch der Bauherr will diese mitgestalten. Konflikt oder Kooperation – was wird am Ende über den Dorfkern entscheiden?

Der Rebstock Seengen steht kurz vor dem Ende einer über 160-jährigen Ära. Die Entscheidung für den Abriss basiert vor allem auf baulichen, regulatorischen und wirtschaftlichen Erwägungen. Die geplante Neubebauung soll Wohnraum und Gewerbeflächen bieten, stösst aber lokal auf Widerstand und Engagement zur Erhaltung des Gemeinschaftslokals. Eine Petition gegen den Abriss wurde fast unverzüglich nach Offiziellwerden der Pläne lanciert und hat in wenigen Wochen über 1300 Fürsprecher – darunter 43 Prozent aus Seengen – mobilisiert. Ebenfalls sprechen die Petitionäre von der Gründung einer Genossenschaft für den Rebstock. Die weitere Entwicklung, insbesondere der Ausgang von Petition und Baueingabeverfahren, bleibt kontrovers. Beim ganzen Prozedere sei es dem Verwaltungsrat besonders wichtig gewesen, dass die Angestellten aus erster Hand informiert wurden. Ebenfalls sei man gemeinsam daran, Lösungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden.

Gloor: «Wir wollen eine gesamthafte Lösung»

Philipp Gloor, Verwaltungsratspräsident der Restaurant und Metzgerei Rebstock Immobilien AG, war sich bewusst, dass der Entscheid Wellen schlagen würde. Er sagt aber auch: «Wir sind ergebnisoffen für die Nutzung der Gewerbefläche im Erdgeschoss.»

Gloor entschied mit den anderen Verwaltungsräten über das Schicksal des Rebstocks. Er selber führte den Landgasthof während 12 Monaten selbst, um sich ein klares Bild der Lage zu verschaffen. «Eine zeitgemässe Weiterführung des Restaurants ist einfach nicht mehr möglich», erklärt er. Es entspreche weder den aktuellen energetischen Standards noch den heutigen Anforderungen an Barrierefreiheit und Erdbebensicherheit. Und: Der Landgasthof kann das notwendige Investitionsvolumen für diese Verbesserungen nicht erwirtschaften. Am Rückbau werde daher festgehalten. Einer Aufforderung wie in der Petition, das ganze Projekt zu stoppen, komme man nicht nach. Vielmehr sei man daran interessiert, in einem herkömmlichen Planungsverfahren mit der Genossenschaft und den anderen Interessenten eine wertige und sinnige Lösung zu finden, meint er.

Petition gegen Abbruch – ohne grosse Chancen

Stellvertretend für die Petitionäre äussert sich Stefan Hunkeler. Er ist in einer schwierigen Rolle. Einerseits kämpft er für den Erhalt des Rebstocks. Andererseits ist es ihm wichtig, mit dem Verwaltungsrat zusammenzuarbeiten. Er ist überzeugt: «Der Rebstock ist unverzichtbar für Seengen als Treffpunkt für Dorf und Vereine. Wir wollen Dialog – und keine Konfrontation.» Die Hoffnung, den Rebstock als Ganzes zu retten, sei jedoch gering: «Wir können den Rebstock nicht mehr erwerben. Neben dem Preis für die Liegenschaft müssten wir noch die bisher angefallenen Planungskosten übernehmen. Das ist schlicht nicht möglich», sagt Stefan Hunkeler. Auf der geplanten Gewerbefläche möchten die Petitionäre eine Gastronomie verwirklichen – quasi einen Rebstock 2.0. «Wir haben uns auch schon mit einem bekannten Gastronomen getroffen. Er möchte aber noch nicht bekannt gemacht werden.» Solche Informationen stossen bei der Restaurant und Metzgerei Rebstock Immobilien AG auf offene Ohren. «Wenn sich ein spannendes Gastronomieprojekt finden lässt, werden wir das prüfen – wie jede andere Eingabe auch.» Dabei darf erwähnt werden, dass der harte Kern der Petitionäre mit Philipp Gloor im Dialog – nicht im Streit – sei.

Bisher hätten sich mehrere Interessenten für die Gewerbefläche gemeldet. Darunter Gastronomen, Gewerbetreibende und auch ein Grossverteiler habe schon sein Interesse bekundet. Für Hunkeler wäre Letzteres das denkbar schlechteste Szenario: «Wenn ein gewöhnlicher Laden einzieht, leiden alle darunter – die Chäsi, Hächler, Volg, das Wullelädeli. Der Dorfkern würde zerstört, davon bin ich überzeugt.» Philipp Gloor meint dazu: «Wenn wir es schaffen, den Kreuzplatz als Ganzes zu denken, werden wir eine Lösung finden, die den gesamten Dorfkern aufwertet. Schlussendlich aber muss sich das Ganze auch rechnen.»

Verschiedene Interessenrguppen des Kreuzplatzes sind mit den Gemeinderäten im Dialog.

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