«Kundenkontakt zu halten, ist wichtig»

Plant für den Muttertag ein spezielles Menü: «Rebstock»-Wirt Hans-Peter Hauri beim Zubereiten von Takeaway-Zmittag-Menüs. Foto: Fritz Thut
Plant für den Muttertag ein spezielles Menü: «Rebstock»-Wirt Hans-Peter Hauri beim Zubereiten von Takeaway-Zmittag-Menüs. Foto: Fritz Thut

Seengen: Wie etliche andere Restaurants hat auch der «Rebstock» einen Zmittag-Takeaway-Service eingerichtet. Wirt Hans-Peter Hauri schildert, wie sich der Familienbetrieb mit Corona arrangiert.

 

Was geht einem Gastgeber durch den Kopf, wenn er von einem Tag auf den andern seinen Beruf nicht mehr ausüben kann?

Hans-Peter Hauri: Nach der Vorstufe mit Auflagen kam die völlige Schliessung nicht mehr unvermutet. Für jeden Bereich gab es spezifische Probleme. Man wechselt sofort in den Lösungsmodus. 

Was mussten Sie als Erstes vorkehren?

Eine erste Sorge galt den Lebensmitteln, die nun nicht mehr verarbeitet werden konnten. Ein Teil gab man den Mitarbeitern mit nach Hause, Milchprodukte gaben wir dem Seoner Altersheim. Die nächste Sorge galt natürlich dem Personal.

Wie viele Mitarbeiter sind betroffen?

Dies sind bei uns rund 40 Personen mit etwa 21 Vollzeitpensen. Wir haben sofort alle für Kurzarbeit angemeldet. Nachdem es zuerst im Halbtagesrhythmus immer neue Weisungen und Formulare gab, hat es nun gut geklappt, wobei der administrative Aufwand schon erheblich ist.

Gibt es Härtefälle?

Die Mitarbeiter bekommen nur 80 Prozent des Lohns und da kommt es bei Einzelnen schon zu Schwierigkeiten. Die haben wir abgefedert. Zudem erhält das Servicepersonal nur 80 Prozent des Bruttolohns, es hat also wegen des entfallenden Trinkgelds teils massive Mehreinbussen.

Wie sieht es bei den Lehrlingen aus?

In der Küche haben wir aktuell zwei Lehrlinge; einen im letzten Lehrjahr. Seit kurzem kennen wir die Details, wie die Abschlussprüfung abläuft. Leider fallen da bestimmte Elemente weg.

Der «Rebstock» ist ein Familienbetrieb; ist die ganze Führung von der Kurzarbeitsregelung ausgenommen?

Wir, total fünf Familienmitglieder, die im Betrieb arbeiten, haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung. Ein Gesuch um einen Beitrag aus dem Topf für Selbstständige haben wir gestellt, doch  aus «Bern» noch keine Antwort bekommen. Wir sind jedoch in einer privilegierten Situation, da wir keinen Pachtzins abliefern müssen. Wir profitieren von der Vorarbeit unserer Eltern. In den letzten 30 Jahren hätten wir unseren Betrieb nicht derart krisenresistent aufbauen können.

Wie empfinden oder nutzen Sie die Hilfsangebote von Bund, Kanton, allenfalls der Branchenorganisationen?

Das Angebot für einen zinslosen Kredit haben wir angenommen. Das ist eine sehr gute Lösung und klappte reibungslos. Die 250'000 Franken, für die weder Zins noch Bankgebühren zu bezahlen sind, geben Sicherheit. Den A-fonds-perdu-Beitrag von 20'000 Franken vom Kanton haben wir auch beantragt, aber innerhalb von fünf Minuten eine telefonische Absage erhalten. Ich finde das gut, denn es zeigt, dass das Geld nicht zum Fenster rausgeworfen wird. Wertvoll war die Unterstützung der Branchenorganisation GastroAargau, die mit Tipps und Links geholfen hat.

Sie haben in kürzester Zeit an den Wochentagen einen Takeaway-Zmittag-Service eingerichtet. Die Überlegungen dahinter?

Für uns ist es wichtig, den Kundenkontakt zu halten. Der Aufwand, die Speisen zu  kochen, hält sich in engen Grenzen, da wir sowieso für die angeschlossene Metzgerei verschiedene Produkte herstellen müssen. Mit dem Eingangsbereich des Restaurants haben wir eine gute Lösung gefunden, mit der wir auch die Abstandsauflagen erfüllen können. Am Anfang gestaltete sich die Suche nach dem Geschirr für die Abgabe der Menüs nicht einfach; inzwischen haben wir unseren Vorrat aufgestockt. Für den Muttertag (10. Mai) planen wir ebenfalls ein spezielles Takeaway-Menü.

Was beschäftigt Sie im Moment am meisten?

Das ist ganz klar die Frage: Wann und wie geht es nach dieser Zwangspause für die Restaurants wieder los?

Welche Schwierigkeiten erwarten Sie beim Hochfahren der Gastronomie?

Bei unseren Räumlichkeiten können wir schon mehr Abstand zwischen den Tischen vorsehen; dies ist nicht das Problem. Aber viele Gäste möchten wieder unter die Leute; sich an den Stammtisch  setzen und diskutieren. Doch das ist wohl genau das, was «Bern» nicht will. Entscheidend, auch für uns, wird sein, ab wann man wieder Bankette annehmen kann. Falls dies noch Monate gehen wird, tut es uns nachhaltig weh.

Kann man den Schaden beziffern, den der «Rebstock» mit den Coronaeinschränkungen erleidet?

Genau sehen wird man dies erst Ende Jahr. Doch dieses Jahr wäre aufgrund der Reservationen spitze geworden, doch bis Sommer wurde alles, etwa Bankette und Konfirmationsfeiern, storniert. Für die ersten zwei Monate, Mitte März bis Mitte Mai, rechnen wir mit einer Umsatzeinbusse von etwa 450'000 Franken. Wenn es bis im Herbst weiterhin keine Bankette und kein Catering gibt, wird es auch für uns dramatisch.

Sehen Sie auch positive Aspekte der ganzen Lockdown-Aktion?

Das gibt es tatsächlich. Man hat jeden Abend frei und die ganze Familie ist daheim. Zudem kann ich am Sonntagnachmittag mit dem Velo eine Ausfahrt machen; das geht sonst nicht.

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