«Ich will mit der Bevölkerung Ideen und Visionen entwickeln»

Boniswil Rainer Sommerhalder ist als Nachfolger von Gérald Strub neuer Gemeindeammann von Boniswil. Er erhofft sich ein aktives Einbringen der Einwohner in die Dorfpolitik.

Neuer Boniswiler Gemeindeammann: Rainer Sommerhalder am Eingang des Gemeindehauses. Foto: Fritz Thut
Neuer Boniswiler Gemeindeammann: Rainer Sommerhalder am Eingang des Gemeindehauses. Foto: Fritz Thut

Er ist ein kantonsweiter Sonderfall: Rainer Sommerhalder wurde vom Stimmvolk zum Gemeindeammann gewählt, obwohl er gar nicht dafür kandidierte. Bedenken wegen der kaum zu reduzierenden Arbeitszeit als Sportredaktor hielten ihn von einer Kandidatur ab.

Die deutliche Wahl durch die Boniswiler hat er angenommen und freut sich nun sogar darauf, «im Schaufenster der Bürger und der Öffentlichkeit zu stehen».

Weshalb haben Sie sich für das Amt zur Verfügung gestellt?

Rainer Sommerhalder: Weil ich gewählt wurde! Ich weiss: eigentlich die falsche Reihenfolge.

War Politik schon früher am Familientisch ein Thema oder kamen Sie erst später «auf den Geschmack»?

Politik war ein Thema, als ich im Kindesalter am Wochenende häufig bei meinem Grossvater wohnte, weil meine Eltern arbeiten mussten. Er war zu jener Zeit Vizeammann in Reinach und Grossrat.

Wie geht Ihr Umfeld damit um, dass Sie künftig zeitlich mehr verplant sind?

Meine Frau ist sich dessen bewusst. Der Faktor Zeit war übrigens der Hauptgrund, wieso ich nicht für dieses Amt kandidiert habe.

Was war Ihre erste Amtshandlung als neuer Gemeindeammann?

Meinen neuen Gemeinderatskollegen als Postbote die Schlüssel fürs Gemeindehaus persönlich vorbeibringen – damit sie Zugang zu den Akten für die erste Sitzung haben.

Als Ammann steht man im Schaufenster der Bürger und der Öffentlichkeit. Wie stellen Sie sich darauf ein?

Indem ich mich darauf freue.

Was ist das Besondere/Alleinstellungsmerkmal Ihrer Gemeinde?

Leider: Dass wir keine Beiz mehr im Dorf haben. Positiv empfinde ich, dass die Boniswiler bescheiden und offen sind. Ich habe noch nie jemanden getroffen, mit dem man sich nicht vernünftig unterhalten konnte.

Wie machen Sie potenziellen Interessenten ihre Gemeinde schmackhaft? Als Wohnsitz.

Den Charakter der Einwohner habe ich schon gelobt. Boniswil hat einen noch nicht überlaufenen Zugang zum einzigen See im Kanton, es liegt in einer wunderbaren Natur mit dem national bedeutenden Ried und man geniesst dank dem dörflichen Charakter auch viel Privatsphäre, wenn man das wünscht.

… als Firmensitz.

Ein wunder Punkt ist, dass wir keine eigentliche Gewerbe- oder Industriezone im Dorf haben. Die Förderung des Gewerbes habe ich auf meiner To-do-Liste notiert.

Welche Projekte wollen Sie zuerst anpacken?

Wir haben in den Bereichen Wasserversorgung, Bau, Abwasserplanung, Gewässer und Strassen bedeutende laufende Projekte, die grosse Aufmerksamkeit erfordern, um gute Lösungen zu erreichen.

Was möchten Sie während Ihrer Amtszeit erreichen?

Mit der Bevölkerung zusammen Ideen und Visionen entwickeln, die über das Tagesgeschäft hinausgehen, und in der regionalen Zusammenarbeit mit dem Vorbild vorausgehen, dass man nur vorwärtskommt, wenn man nicht immer nur den eigenen Vorteil vor Augen sieht.

Wie wollen Sie den Teamgeist im Gemeinderat fördern?

Ich spüre bereits einen grossen Willen für einen guten Teamgeist. Aber das Wichtigste erscheint mir, Interesse an den Menschen und Wertschätzung für ihre Arbeit zu zeigen – im Gemeinderat, aber auch gegenüber den Gemeindeangestellten und all jenen, die sich für unser Dorf einsetzen.

Wie bezeichnen Sie das Verhältnis Ihrer Gemeinde zum Kanton? Wo drückt hier der Schuh?

Ich kann das Verhältnis zum Kanton nicht mit einer pauschalen Aussage benoten. Ich habe bislang die Erfahrung gemacht, dass miteinander reden und den persönlichen Kontakt suchen nicht nur die beste Lösung ist, sondern auch gegenseitig so gelebt wird. Ich will mit Menschen über Herausforderungen sprechen und Lösungen suchen und nicht mit einem Verwaltungsapparat namens Kanton Aargau.

Ein Gedankenspiel: Ihre Gemeinde erbt 5 Millionen Franken. Was machen Sie damit?

Da bin ich konservativ unterwegs: Schulden bezahlen und den Steuerfuss senken. Aber: Wenn ein Einwohner eine visionäre Idee hat, wie dieses Geld besser in die Zukunft von Boniswil eingesetzt wäre, dann wird der Gemeinderat sich diese Idee anhören und ernsthaft prüfen. Das ist ein Versprechen.

Welches sind Ihre Lieblingsplätze in der Gemeinde?

Das mag jetzt fast ein wenig spirituell wirken, aber wenn ich eine Person, die ich mag (und davon gibt es in Boniswil wirklich viele) irgendwo zu einem kurzen Austausch treffe, dann ist dies in jenem Moment mein Lieblingsplatz. Ich weiss, als Touristikdirektor wäre ich mit dieser Aussage durchgefallen…

Wie präsentiert sich Ihre Gemeinde im Jahr 2050?

Immer noch auf der Schattenseite des Hallwilersees, aber angesichts der Klimaerwärmung ist das dann vielleicht sogar ein Standortvorteil. Ob Boniswil im Jahr 2050 noch Boniswil heisst und wie gross die Gemeinde sein wird, hängt davon ab, welche Formen von Zusammenarbeiten unsere Region als sinnvollste Variante ansieht, um anstehende Herausforderungen anzugehen. Das müssen nicht zwingend Fusionen sein, aber es muss die Erkenntnis sein, dass man gemeinsam stärker sein kann und dass eine gute Zusammenarbeit stets ein Geben und ein Nehmen ist. In diesem Sinne wünsche ich mir für die Boniswiler Einwohner von 2050, dass sie von weitsichtigen und visionären Lokalpolitikern profitiert haben.

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