Haubu-Huus: Ein integratives Projekt mit Pioniercharakter und viel Herzblut
Hallwil Mehrere Monate dauerten die Umbaumassnahmen am Haus im Engenbühl. In der Zeit verwandelte sich das ehemalige Industriegebäude in eine seh-, hör- und rollstuhlbehindertenfreundliche Begegnungsstätte. Nun konnte der Verein «mitenand-fürenand» zur Eröffnung einladen, dabei gab es vieles zu entdecken und das Interesse war gross.
Auch das Fernsehen war hier», freut sich Vereinspräsidentin Martina Hertig. «Der Beitrag lief Freitagabend in ‹Schweiz aktuell›.» Kein Wunder, das Gewerbehaus für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung ist in der Schweiz, wenn nicht gar europaweit, einzigartig. Das schöne Wetter lockt viele Besucherinnen und Besucher für Kaffee und Kuchen in den gemütlichen Bereich hinter dem Haus. Immer wieder wird die Vereinspräsidentin auf den stimmigen TV-Beitrag angesprochen – was sie sichtlich freut. «Gestern war ein gelungener Tag», erzählt sie und ihre Augen strahlen. «Wir hatten einen Deaf-Slammer hier, also einen Poetry-Slammer, der in Gebärdensprache performt hat. Das war wirklich beeindruckend.» Ihr und allen im Verein sei es ein Anliegen, dass das Haubu-Huus ein Treffpunkt für alle wird. Alle Menschen, mit oder ohne Beeinträchtigung, sind herzlich willkommen. «Das Wort Ausgrenzung kennen wir nicht hier.»
Dabei spricht sie aus eigener Erfahrung: «Im Jahr 2021 hatte ich einen Hirnstamminfarkt.» Noch im Spital entstand die Idee, einen Verein zu gründen. Dieser wurde im Dezember 2022 mit dem Namen «mitenand-fürenand» ins Leben gerufen, um andere Betroffene zu unterstützen. Martina Hertig arbeitet selbst seit vielen Jahren im integrativen Bereich und kennt sowohl die Möglichkeiten als auch die Herausforderungen. «Schwierig wird es, wenn zum Beispiel Subventionen gestrichen werden und dadurch Angebote für die Zielgruppen wegfallen», berichtet sie. Das ist mit ein Grund, wieso dieses Haus auch im Bereich der Finanzen ein «Mitenand» anstrebt, sprich Unterstützung von unter anderem Privaten, welche aus eigener Erfahrung wissen, wie wichtig ein solcher Treffpunkt werden wird.
Eine grosse Hilfe seien da bei den Umbaumassnahmen Firmen gewesen, die sich nicht nur kulant, sondern aufrichtiges Interesse an dem Herzensprojekt zeigten. Die Schreinerei Boog war seit Beginn eine besondere Stütze mit dem Einbau des Herzwurzelshops wie auch der Montage des speziellen Treppengeländers. Eine weitere Hilfe kam von der Akustik und Innovation GmbH aus Wangen. «Dem Unternehmen verdanken wir ein Entgegenkommen beim Einbau der Schalldämmung in den beiden Kursräumen», erläutert Hertig bei einem Rundgang durch das helle, einladende Gebäude. Diese Dämmung sei besonders für Hörgeschädigte wichtig. Für die Finanzierung dieser Dämmung wurde ein Sponsoring lanciert. Einer der Räume ist mit violetten Wandtafeln ausgestattet, der andere mit gelben – sie verleihen eine warme Atmosphäre. «Hier im Raum mit den gelben Verkleidungen planen wir auch systemische Arbeit mit Kindern», sagt die Vereinspräsidentin lächelnd. Passend dazu wartet bereits ein Plüschsaurier auf weitere Gspändli, damit die Arbeit begonnen werden kann.
Viele Kurse gebucht und Praxen zur Miete
Erste Kurse sind bereits fix geplant. Verschiedene Malkurse, Bewegungstrainings wie auch ein Lormkurs werden im April angeboten. Weiter folgen Angebote wie Gebärdensprachkurse, Stuhltanz und Braille-Schrift-Kurse, Portfolio-Arbeit – um eine kleine Auswahl vorzustellen. «Hier sind noch keine fixen Daten vorhanden», merkt sie an. «Die detaillierten Inhalte werden etwa Anfang April erscheinen.»
Eine Etage darüber befinden sich sieben Therapieräume, welche ab sofort gemietet werden können. Martina Hertig führt aus: «Verschiedene ganzheitliche Therapiemethoden sollen in diesem Haus zusammengeführt werden. Auch ist eine Informationsdrehscheibe geplant.» Weiter befindet sich im Haubu-Huus der Gold-Stück-Laden, in dem sich wahre Schätze zu einem fairen Preis finden lassen. Wer sich ein wenig entspannen möchte, ist im Café Gold-Treff bestens aufgehoben. Anschliessend lohnt sich ein Blick in den Herzwurzel-Shop mit seiner vielfältigen Auswahl. Viel Raum erhält das Thema Kunst am Eröffnungstag, schliesslich gibt es ein freundliches, luftiges Kreativ-Atelier im Haus. Bei Samira Stoob, welche von einer spinalen Muskelatrophie betroffen ist, sind wunderbar filigran bemalte Specksteine zu bewundern. Am Stand von Moni Hereghty zeigen sich viele Besuchende begeistert von ihren liebevoll gezeichneten Lovebirds, erhältlich auf Karten, Bechern, als gerahmtes Bild und in vielen weiteren Variationen. Linda Goetschi präsentiert eine Vielfalt an Zeichnungen, darunter eine eindrucksvoll dargestellte Wespe. Ausserdem wird sie Kurse im Haubu-Huus anbieten. «Das Gewerbehaus ist eine spannende Pionierarbeit», sagt sie und freut sich bereits darauf, bald Workshops hier zu leiten. «Dabei steht das Herz im Vordergrund, es wird ein Miteinander ohne Leistungsdruck.»
Auch Martina Hertig betont abschliessend: «So ein Vorhaben lässt sich nur im Miteinander umsetzen. Dies in allen Bereichen. Wir sind um jegliche finanzielle, ideelle, personelle Unterstützung dankbar. An dieser Stelle möchten wir allen bisherigen Unterstützenden ein riesiges Dankeschön aussprechen.»