Eine Liebeserklärung in Buchform
Seon Die frisch renovierte Untere Mühle in Seon ist bald 700-jährig. Nach einer umfassenden Renovation präsentiert sie sich heute als Bijou. Im Coronajahr fand Mitbesitzerin Bernadette Zemp Zeit, die Geschichte niederzuschreiben.
Keine Hochzeiten, keine Jubiläums- oder Familienfeiern, überhaupt keine Feste. Auch der 2015 nach umfassender Sanierung als multifunktionale Partystätte auferstandene schmucke Mühlesaal kam nicht ungeschoren durch die Coronakrise.
Mitbesitzerin Bernadette Zemp, die nach einigem Zureden 2013 zusammen mit ihrem Ehemann André die marode Liegenschaft erworben hatte, nutzte die staatlich verordnete Zwangspause, um einen lange gehegten Traum umzusetzen. Sie recherchierte die Geschichte des Gebäudes und schrieb sie nieder. Herausgekommen ist eine Liebeserklärung zwischen Buchdeckeln; eine 112-seitige Hommage an die Untere Mühle, ihre früheren Besitzer und das Müllerhandwerk.
«Seriös, aber kurzweilig»
Das Werk heisst «Eine Mühle erzählt». Bernadette Zemp, früher in Marketing und Verlagswesen tätig, schlüpft als Autorin in die Rolle der Mühle und schildert so die Anfänge: «Ich kam wahrscheinlich bereits 1331 in den Besitz des Klosters Königsfelden.»
In der fast 700-jährigen Geschichte folgen viele – mehr oder minder gut dokumentierte – Handänderungen: Landadelige lösten etwa Pfarrer ab. Es gab wahre Dynastien von Müllern, die mit ihrem Handwerk an Reichtum und Einfluss gewannen.
In diesem Sinn erzählt die Seoner Mühle ein Stück Zeitgeschichte. «Ein Geschichtsbuch wollte ich nicht schreiben, es sollte lebendiger werden; deshalb habe ich die Ich-Form aus Sicht der Mühle gewählt», so Zemp. «Seriös, aber kurzweilig» soll das Buch rüberkommen. Dieses Ziel wurde erreicht, nicht zuletzt, weil die Mühlegeschichte ergänzt wurde mit einem ausführlichen Glossar über Geschichtsereignisse im Umfeld und verschiedene Geschichten und Gedichte um das Müllerwesen.
Vom Chaos zum Bijou
Die Seoner Mühle hatte nicht immer Freude an ihren Besitzern. Bernadette und André Zemp trafen bei ihrem ersten Kontakt ein veritables Chaos an, das der verschollene Vorbesitzer hinterlassen hatte. Sie verliebten sich gleichwohl in die historische Liegenschaft und verwandelten sie – trotz eines Dachbrandes während der Renovation – in ein Bijou.
Der wunderschöne Mühlesaal soll bald wieder Schauplatz von rauschenden Festen sein. «Noch brauchen wir etwas Geduld», sagt Bernadette Zemp, «aber es kommen wieder bessere Zeiten.»
«Eine Mühle erzählt. Von Mord und Totschlag, einem verschwundenen Besitzer und neuem Glanz.» Von Bernadette Zemp, 112 Seiten, Selbstverlag, Mühlerama Seon AG; www.muehlerama-seon.ch; Preis: 29.90 Franken.