Ein moderner Hausarzt von altem Schrot und Korn geht in Pension
Mitarbeiter, Berufskollegen und weitere Bekannte bereiteten dem Seenger Hausarzt Max-Albrecht Fischer ein überraschendes Fest zur Pensionierung.

Bis zuletzt wusste er von nichts. Wie die letzten 33 Jahre betreute Max-Albrecht «Brecht» Fischer an seinem letzten Arbeitstag in der Praxis Brestenberg in Seengen verschiedenste Patienten. Kurz vor dem allerletzten Feierabend wurde er zu einem Umtrunk abgeholt.
Doch dies war nur ein Ablenkungsmanöver: Bei der Rückkehr in die von ihm initiierte Gruppenpraxis warteten dort die gesamte Belegschaft, zahlreiche Berufskollegen aus der Region, Vertreter von Institutionen und Behörden, um Fischers Abschied vom Berufsleben in ein gemütliches Fest zu verwandeln.
Botschaft aus Indien
Fehlen tat Kollegin Aisha Ahmed, deren Rückreise aus Indien sich wegen unerwarteten bürokratischen Hürden verzögerte. Die aktuelle Verwaltungsratspräsidentin der Praxis Brestenberg AG liess ihre Grussbotschaft von Brechts Ehefrau Doris Fischer-Taeschler verlesen: Bei Brecht sei Hausarzt mehr als Beruf gewesen, nämlich Berufung. Seit er 1985 die Praxis von seinem Vater übernommen habe, habe er sich stets «mit Feu sacré den Patienten gewidmet». Ahmed: «Du warst ein Hausarzt von altem Schrot und Korn, aber trotzdem immer modern.»
Fischer erkannte früh die Zeichen der Zeit und stellte die Gruppenpraxis durch die Gründung einer Aktiengesellschaft auf zukunftsträchtige Füsse. Damit sorgte er im Kanton in der Hausarztmedizin für eine Novität: Die erste AG im AG. Zudem werden hier die Krankengeschichten seit langer Zeit digital erfasst und gespeichert. «Er hat wohl umgestellt, als er die eigene Handschrift nicht mehr entziffern konnte», vermutete Ahmed.
«Immer für einen da»
«Er war ein Arzt, der immer für einen da war und sich um die Patienten kümmerte», hielt Gemeindeammann Jörg Bruder in seinem Grusswort fest. Mit zu diesem Service beigetragen habe sicher das «gute familiäre Umfeld». Bruder wünschte Max-Albrecht Fischer «für den neuen Lebensabschnitt alles Gute».
Mit Gedichten und originellen Geschenken, mit denen sie oft auf spezielle Marotten des Neo-Pensionärs bezug nahmen, verabschiedeten sich die Medizinischen Praxisassistentinnen von Fischer. Darunter war etwa eine Girlande von Weihnachtskugeln, mit der zur Adventszeit die Praxisräume dekoriert worden waren.
Aisha Ahmeds Tochter Tamima sang in einer Video-Einspielung aus Indien das Seenger Lied mit einem speziellen, auf den Pensionierten angepassten Text.
Gerührter Geehrter
«Jetzt bin ich mir bewusst, dass es zu Ende ist», zeigte sich Max-Albrecht Fischer «überwältigt vom Aufmarsch» zu dieser für ihn überraschenden Feier. Während den gesamten 33 Jahren als Hausarzt habe er gern gewirkt und vor allem die «abwechslungsreiche Arbeit geschätzt – bis zum heutigen letzten Tag.»
Er sei «zuversichtlich und überzeugt, dass es weitergeht». Dazu trägt die eigene Familie bei: Sohn Roland und dessen Ehefrau Jessica arbeiten bereits in der Praxis Brestenberg mit und auch Christine und Marianne sind in die medizinischen Fussstapfen ihres Vaters getreten.
Dass dem Jung-Pensionär während seiner Dankesrede ob der Emotionen auf Federer-Art die Stimme versagte, zeugte von der Menschlichkeit, die ihn während seiner Tätigkeit auszeichnete.