«Der Alltag ist eine Wundertüte»
Oberes Seetal Jarka Machka ist Stützpunktleiterin der Spitex Oberes Seetal. Im Interview schildert sie Herausforderungen – speziell während der Coronazeit.
Seit einem Jahr stellt Corona das Leben auf den Kopf und auch im zweiten Jahr ist die Pandemie nicht ausgestanden. Die Spitex Oberes Seetal ist für die Gemeinden Sarmenstorf, Fahrwangen, Meisterschwanden und Bettwil zuständig und bietet ambulante Dienstleistungen für rund 9000 Personen.
Welches waren die grössten Herausforderungen der Coronapandemie?
Jarka Machka: Zu Beginn musste als Erstes der Vorrat an Schutzmaterialien wie Masken, Desinfektionsmittel, Handschuhe, Schutzkleidung aufgestockt werden. Das war schwierig, weil die Lager von Lieferanten plötzlich leer waren. Dazu kamen die Ängste bei Klienten und auch beim Personal. Das verlangte viel Kommunikation. Ein weiteres Problem waren plötzlich die über 65-jährigen Mahlzeitenfahrer, die zu den gefährdeten Gruppen gehörten. Hilfe kam von der Reformierten Kirchgemeinde Fahrwangen-Meisterschwanden praktisch über Nacht: Die 65+-Fahrer wurden durch junge Menschen, die wegen des Lockdowns nicht zur Arbeit oder zum Studium konnten, vorübergehend ersetzt. Das war eine tolle Erfahrung von Solidarität.
Und jetzt im Jahr zwei der Coronapandemie?
Vieles hat sich entspannt. Wir hatten insofern Glück, dass der erste Coronafall erst im November 2020 auftrat. Wir konnten von Erfahrungen anderer Spitex-Organisationen lernen. Im Dezember waren wir sehr gefordert, fünf Mitarbeiterinnen und neun Klienten erkrankten gleichzeitig an Corona. Das war eine grosse Belastung für den Betrieb. Aktuell haben wir keinen Coronafall. Heute zeigt sich eine gewisse «Coronamüdigkeit» beim Personal. Die Ängste sind aber deutlich kleiner als zu Beginn der Pandemie. Das Personal kann sich jetzt impfen lassen. Mit der Isolation von Angehörigen und Freunden haben viele Klienten Schwierigkeiten.
Was sind die Vor- und Nachteile einer kleinen Spitex-Organisation?
Für die Klienten bedeutet es, dass die Rotation der Mitarbeiterinnen klein ist. Persönliche Bezüge sind oft gegeben, da das Personal im Umfeld lebt und die Familien schon kennt. Ausserdem sind die Wege kürzer. Das ist wirtschaftlicher. Ein Nachteil ist die Erarbeitung von Prozessen, die für eine kleinere Organisation im Verhältnis aufwändig ist.
Wie sieht ein typischer Spitex-Tag aus?
Oh, das ist wie eine Wundertüte. Mein Tag startet um 7 Uhr mit dem Besuch der hausinternen Klienten in der WGOS (Wohnbau-Genossenschaft Oberes Seetal) beim Spitex-Stützpunkt. Dann gehts ins Büro, Mails checken, Telefonanrufe beantworten, Notfälle in den Tagesablauf planen, Abklärungen machen. Prioritäten setzen ist das Wichtigste. Jeder Tag ist anders. Dazu kommen Mitarbeitersitzungen, Gespräche mit Angehörigen, Krankenkassen, Gemeinden und Administration. Bei einem Pensum von 60 Prozent ist Flexibilität sehr wichtig. So habe ich in der Regel keine festen Arbeitstage.
Was hat sich in den letzten Jahren in Ihrem Bereich am meisten verändert?
Die Fälle sind komplexer geworden. Die Devise im Gesundheitswesen «ambulant vor stationär» erfordert anspruchsvollere Pflege. Viele Operationen werden ambulant gemacht, Entlassungen aus dem Spital finden früher statt. Bis die Leute wieder in den selbstständigen Alltag zurückkehren können, braucht es neben Pflege oft auch andere Dienstleistungen wie Haushaltshilfe, Betreuungs- und Mahlzeitendienst. Stark zugenommen hat auch die Palliativ Care.
Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass das gute Team erhalten bleibt. Die Motivation und der Arbeitsgeist sind trotz Kostendruck sehr gut. Die Wertschätzung unserer Klienten haben wir; das wünsche ich weiterhin.
Informationen im Internet: www.spitex-oberes-seetal.ch.
Zur Person
Jarka Machka ist seit 2015 Stützpunktleiterin der Spitex Oberes Seetal. Sie ist 47 Jahre alt, verheiratet und Mutter einer 10-jährigen Tochter.