Blendendes Orchester und «idealer Rossini-Tölpel»

Seengen Noch gut zwei Wochen wird im Hof von Schloss Hallwyl die Rossini-Oper «La Cenerentola» gespielt. Bei Publikum und Kritik kommt sie mehrheitlich gut an.

<em>«Eine schlüssige Inszenierung»:</em> Szene aus «La Cenerentola» der aktuell laufenden Produktion der Oper Schloss Hallwyl. Foto: Ingo Höhn
<em>«Eine schlüssige Inszenierung»:</em> Szene aus «La Cenerentola» der aktuell laufenden Produktion der Oper Schloss Hallwyl. Foto: Ingo Höhn

Heute Donnerstag findet im Innenhof von Schloss Hallwyl die zehnte von einundzwanzig Vorstellungen von «La Cenerentola» statt. Noch bis 25. August ist das von Gioachino Rossini 1816 in nur 24 Tagen vertonte und hier im Seetal von Regisseur Johannes Pölzgutter in Szene gesetzte Märchen zu sehen und zu hören.

«Für die sechste Festspielsaison hier gibt das Schloss Hallwyl die perfekte Kulisse, diesmal für eine wunderbare Liebesgeschichte, ab», freute sich der Aargauer Landammann Alex Hürzeler am Premierenabend. Der Kulturminister wertete «La Cenerentola» als «einer der grossen Musik-Höhepunkte dieses Sommers».

Mit gewissen Nuancen pflichteten die Musik-Kritiker der verschiedenen Medien diesem Urteil bei. Eine Auswahl:

Thomas Schacher, «Neue Zürcher Zeitung»: «Güte vor Schönheit»

«…Eine schlüssige Inszenierung und ein blendendes Orchester stehen auf der Habenseite, die Sängerleistungen dürfen sich hingegen noch etwas steigern.…Für einen regional verankerten Veranstalter wie die Oper Schloss Hallwyl braucht es in mehrfacher Hinsicht viel Mut, ‹La Cenerentola› zu produzieren. Denn Rossinis Musikkomödie mit ihren schwierigen Koloraturpartien und ihrer schwindelerregenden Begleitmusik erfordert sowohl hervorragende Vokalsolisten wie ein versiertes Berufsorchester. Mit dem Argovia Philharmonic ist die zweite Voraussetzung bestens erfüllt. Unter dem Dirigat von Chefdirigent Douglas Bostock bieten die gut fünfzig Musiker eine präzise, transparente und spritzige Wiedergabe dieser quirligen Musik. Für die Solorollen sind angesichts des beschränkten Budgets Sängerinnen und Sänger von mittelgrossen Bühnen sowie Nachwuchstalente verpflichtet worden. Bei der Premierenbesetzung wartet die Angelina von Wioletta Hebrowska mit der besten Leistung auf. …Optisches und akustisches Vergnügen bereiten die beiden keifenden und buhlenden Stiefschwestern: Leonor Amaral als Clorinda und Anna Nero als Tisbe. Eine richtige Buffo-Figur mit einem tollen Charakterbass ist der Don Magnifico (Vater) von Noé Colín Arvizu.

…Janina Ammon setzt bei den Kostümen auf komische Überzeichnung und auf Farbsymbolik. …Am Schluss gibt es keine Märchenhochzeit in Weiss. Angelina findet zwar zu ihrem Prinzen, aber sie verschenkt das Brautkleid an ihre Schwestern und die Krone an den Vater. Der Prinz zieht die Güte Aschenputtels der berechnenden Schönheit ihrer Schwestern vor. Damit siegen die inneren Werte vor der Gier nach dem Materiellen – ein Regieansatz, der durchaus moralisch geprägt ist und sich gründlich dem herrschenden Zeitgeist widersetzt.»

Sibylle Ehrismann, «Aargauer Zeitung» und «Luzerner Zeitung», «Ein Märchen wird wahr»

«Es ist wieder so weit: Auf Schloss Hallwyl werden die lauen Sommernächte zu amüsanten Opernabenden. Gioachino Rossinis Aschenputtel-Geschichte ‹La Cenerentola› inszenierte der Wiener Regisseur Johannes Pölzgutter schmissig und farbenfroh. Und das Argovia Philharmonic spielte die virtuose Musik unter der Leitung von Douglas Bostock leichtfüssig und rhythmisch prägnant.… In den knallig bunten Kostümen der Luzernerin Janina Ammon putzen die beiden Stiefschwestern ständig an sich herum. … Ein Glücksfall ist die Cenerentola: Wioletta Hebrowska überzeugt sowohl im schlichten Liedchen als armes Mädchen als auch in den schwierigen Koloraturen, mit denen sie sich zu einer veritablen Prinzessin von Format steigert.…Eine herrlich komische Figur gibt Noé Colin Arvizu als Don Magnifico. Der Mexikaner hat einen markanten Bass-Bariton und tolle schauspielerische Qualitäten, seine Bühnenpräsenz macht aus Magnifico einen idealen Rossini-Tölpel.»

Remo Conoci, «Wynentaler Blatt», «Mutig inszeniert»

«…Zuletzt tauschen Hofdiener und Prinz ihre Rollen, was nicht nur die beiden eitlen Schwestern Tisbe und Clorinda verwirrt, sondern manchmal auch das Publikum. … Die Oper ist etwas ‹gewöhnlicher› geworden. Man wird sich in die eine Stimme verlieben und den anderen Charakter verteufeln. … Die Mischung aus Spardruck, Volkswille und Engagement ergibt aber unter dem Strich eine mutige und authentische Inszenierung, die als Ensemble bestens funktioniert.»

Christian Berzins, «NZZ am Sonntag»: «Opernliebe ist auch Landliebe»

«Bregenz, Verona – geschenkt. Aber auch im Aargau wird open air Oper gespielt: Rossinis ‹La Cenerentola› ist auf Schloss Hallwyl flott inszeniert und wird prächtig dirigiert. Mit Idylle allein ist im Opernfestivalzirkus kein Blumentopf zu gewinnen. Und doch erweckt bereits der Weg via Bahnhof Boniswil zum Schloss Hallwyl die Landliebe. Über die Wasserbrücke schreitet der Gast hinein in den Schlosshof, wo auf der Bühne schon allerlei Requisiten stehen. Ganz erschliessen wird sich deren Sinn nie, doch ‹La Cenerentola› bietet vielerlei andere Freuden. Solange Regisseur Johannes Pölzgutter die Personen munter gegen-, mit- und ineinander führt, entwickelt das Spiel seinen Sog. Schade nur, gerät ihm die Zeichnung der beiden ‹dummen› Schwestern gar billig. Glanzvoll getragen wird das Spiel vom Argovia Philharmonic, das unter der Leitung von Douglas Bostock formidabel aufspielt. Mit Wioletta Hebrowska hat Hallwyl dafür eine erhabene Titelheldin, mit John-Colyn Gyeantey einen mutigen Tenorhelden für die Rolle des Prinzen. Es ist ein junges Sängerteam, dem man auch mal kleinere Schwächen verzeiht.»

Termine und Vorverkauf

Weitere Termine. Donnerstag, 9. August; Freitag, 10. August; Samstag, 11. August; Mittwoch, 15. August; Donnerstag, 16. August; Freitag, 17. August; Samstag, 18. August; Dienstag, 21. August; Mittwoch, 22. August; Donnerstag, 23. August; Freitag, 24. August; Samstag, 25. August (Dernière). – Aufführungsbeginn jeweils um 20 Uhr.

Vorverkauf. Online via www.operschlosshallwyl.ch. – Telefonisch über 0413111522 (Montag bis Freitag 8 bis 11 Uhr). – Am Schalter: Schloss Hallwyl, Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr; Tourismus Lenzburg Seetal, Kronenplatz 24, 5600 Lenzburg, Montag 14 bis 18 Uhr, Dienstag bis Freitag 9 bis 11.45 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag 9 bis 13 Uhr.<b/>

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