Bärzeli – ein alter Winterbrauch, der in Hallwil noch rege gepflegt wird
Hallwil Jedes Jahr herrscht am 2. Januar im Dorf ein wildes Treiben der Bärzeli. Dabei umarmen urchige Naturgestalten die Leute zum Neujahrsgruss, was Glück bringen soll.
Die kleinen Bärzeli bilden den Auftakt, bevor die grossen Bärzeli zum Einsatz kommen. Kinder, die ähnliche Kostüme wie die grossen Bärzeli tragen, machen die Runde in der Turnhalle Hallwil, wo viele Leute gerade das Mittagessen beendet haben und gemütlich bei Kaffee und Kuchen zusammensitzen.
Später sind die kleinen Bärzeli auf dem Schulhausplatz zu sehen, während die grossen Bärzeli mit dem Anziehen der Kostüme beschäftigt sind, was alles andere als einfach ist. So wird etwa das schwere stachlige Kleid des «Stächpaumig» mit einem Seil an einem Gestell langsam heruntergelassen, wobei zwei Helfer assistieren, damit dieses Naturkleid schliesslich vom Träger angezogen werden kann. Die Bärzeli werden von 15 Burschen aus dem Dorf verkörpert. Sie alle tragen eine Maske, die ihr Wesen charakterisiert, und sie sind mit Lärm- oder Schlaginstrumenten ausgerüstet.
Spektakel zieht Schaulustige an
Um Punkt 14 Uhr rennen die Bärzeli aus dem Versteck und sorgen mit ihren stürmischen Umarmungen für beste Unterhaltung. Obwohl schlechtes Wetter vorhergesagt war, bleibt es zu Beginn noch trocken, deshalb sind auch zahlreiche Schaulustige erschienen, um das seltsame Treiben zu bewundern. Wer den Bärzeli zu nahe kommt, wird mit der Söiblootere (Schweinsblase) traktiert oder aber gepackt und umarmt, denn diese stachlige Neujahrsumarmung der Bärzeli soll Glück bringen.
Danach beginnt eine Tour durch das Dorf. Im Schlepptau der Bärzeli sind viele Schaulustige. Nach einer knappen Stunde legen die Bärzeli eine Rast ein, denn die Tour mit diesen schweren Kostümen ist ziemlich anstrengend. Danach geht es weiter und um 16 Uhr stürmt die ganze Truppe in die Turnhalle und sorgt in einem grossen Finale noch einmal für unterhaltende Momente für die Gäste. Zum Schluss gehen die Bärzeli zur Bühne und demaskieren sich, während die Anwesenden das Geschehen mit tosendem Applaus quittieren.
Eine lange Tradition
Der Bärzeli-Brauch an den kürzesten Tagen im Jahr sollte nach altem Volksglauben dazu führen, dass das kommende Jahr fruchtbar wird. Es ist kein Zufall, dass die Figuren mit Soiblootere unterwegs sind, denn früher war dieser Gegenstand bei den Bauern ein Symbol für Wohlstand. Je mehr Soiblootere ein Bauer hatte, desto mehr Schweine besass er und desto grösser war sein Reichtum.
Mit der Reformation (1517–1648) bekämpfte die Kirche die Fasnacht und alle anderen Maskentraditionen. Damit wurden auch viele alte Bräuche ausgelöscht. In ländlichen Gebieten überlebten die Volksbräuche eher – so auch der Bärzelibrauch. In dieser Form ist er heute allerdings nur noch in Hallwil anzutreffen.Andreas Walker