Streifzug durch den Raritätenmarkt

Möriken-Wildegg Der Setzlingsmarkt der ProSpecieRara lockte am letzten Wochenende rund 12000 Liebhaber botanischer Raritäten auf Schloss Wildegg. Der Lenzburger Bezirks-Anzeiger machte sich auf die Suche nach dem Speziellsten unter dem Speziellen.

<em>Mitten im Grün:</em> Chefgärtnerin der Gärtnerei Effingerhort, Katrin Leu. Fotos: StO

<em>Mitten im Grün:</em> Chefgärtnerin der Gärtnerei Effingerhort, Katrin Leu. Fotos: StO

<em>Handgemachtes:</em> Hanspeter Hediger vom Obst- und Gartenbau Affoltern mit Familie.

<em>Handgemachtes:</em> Hanspeter Hediger vom Obst- und Gartenbau Affoltern mit Familie.

<em>Chiliexperten</em>: Jeremias und Anna Niggli präsentieren Chili-Liebhabersorten.

<em>Chiliexperten</em>: Jeremias und Anna Niggli präsentieren Chili-Liebhabersorten.

<em>Lust- und Experimentiergärtnerin:</em> Anna- fried Widmer Kessler mit Knöllchensauerklee.

<em>Lust- und Experimentiergärtnerin:</em> Anna- fried Widmer Kessler mit Knöllchensauerklee.

<em>Publikumsmagnet:</em> Der Setzlingsmarkt von ProSpecieRara auf Schloss Wildegg. Foto: zvg

<em>Publikumsmagnet:</em> Der Setzlingsmarkt von ProSpecieRara auf Schloss Wildegg. Foto: zvg

<em>Sibylle Siegrist mit ihrer Entdeckung:</em> Der Tomatensorte «Lucky Tiger».

<em>Sibylle Siegrist mit ihrer Entdeckung:</em> Der Tomatensorte «Lucky Tiger».

Der Setzlingsmarkt der ProSpecieRara setzt ganz auf traditionelle Sorten und Regionalität. Das extravagante Angebot der 16 Bio- Gärtnereien von über 500 verschiedenen Gemüse-, Beeren-, Zierpflanzen, Kartoffel-, Obst-, und Kräutersorten lud am Wochenende zum Entdecken ein.

Eines der vielseitigsten Angebote diverser Gewächse fand sich an den Ständen der regionalen Gärtnerei des Effingerhortes Holderbank. An sechs Ständen präsentierten die Gärtner über 15 Sorten Tomaten, essbare Blüten in allen Farben sowie die wagemutigsten Kohlzüchtungen. Dabei sticht eine Gemüsesorte sofort ins Auge: Die Monstranz- oder Meditationsbohne. Das Kraut ist unscheinbar und dennoch ranken sich einige Legenden um diese historische Gemüsesorte.

Bereits im Mittelalter wurde die Stangenbohne in vielen Klöstern angebaut. Wegen ihrer geheimnisvollen Zeichnung, die an eine Monstranz, ein Hostiengefäss, erinnert, wurden ihr etliche Heilwirkungen nachgesagt. Die getrocknete Bohne kann als Schmuck verwendet werden. Ausserdem bereichert sie jede Mahlzeit mit ihrem fruchtigen Aroma. «Die Gärtnerei des Effingerhortes setzt sich im Sinne der ProSpecieRara gezielt für den Erhalt und die Pflege alter, meist schon in Vergessenheit geratener Sorten ein», erklärt Gartenchefin Katrin Leu.

Die wohl überraschendste Auswahl an Tomatensorten boten die Experten des Biohofes Siegrist aus Küttigen. «Wir haben hier über dreissig Sorten. Und jede ist besser als die andere», versichert Sibylle Siegrist. Nebst «Kremser Perlen», Ochsenherzen, «der Schönen von Toggenburg» oder der Ampeltomate waren alle Farben und Formen vertreten. Die wegen ihres intensiven Aromas meistgeschätzte Sorte ist allerdings «Lucky Tiger». «Das ist etwas vom Besten», bestätigt Siegrist. Die Frucht ist bunt. Bei Tomaten heisst das: Braun und Rot stehen für würzig, Grün für erfrischend, Gelb für fruchtig. Die aus Amerika stammende Züchtung «Lucky Tiger» vereint alles in einer Frucht und gilt aus diesem Grund als eine Delikatesse. Natürlich gebe es die eierlegende Wollmilchsau nicht. Da der «Lucky Tiger» keine Resistenzen eingezüchtet wurden, ist ihre Haltbarkeit beschränkt. Das mache sie auch zu einer der wertvollsten Tomaten.

Scharf, schärfer, am schärfsten

Wer es heiss mag, wurde am Stand des Alpenzeigerhofes Aarau fündig. «Rote Feurio», «Teufelskuss», «Turuncu Spiral», «Taeyang hot» oder «Jwala Indian» – über dreissig Liebhabersorten Peperoncini aus der ganzen Welt zogen Neugierige an und erhitzten die Gemüter. Die wohl gefährlichste Chili der Welt fand dabei allgemein die grösste Aufmerksamkeit. Mit rund einer Million Scoville, der Masseinheit für Schärfe, wurde die Sorte «Naga Bhut Jolokia» 2006 als schärfste Chili der Welt ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen.

«Dabei handelt es sich um eine Zuchtform der Paprika, die aus dem Norden Indiens stammt und sehr aromatisch ist», erklären Jeremias und Anna Niggli. Eine Frucht reiche zum Würzen zweier Mahlzeiten einer sechs köpfigen Familie. Es ist jedoch Vorsicht geboten: Sie ist so scharf, man müsse sie schon mit Handschuhen schälen, warnen die beiden Chiliexperten. Das Capsaicin der Jolokia werde bei Unruhen als Reizstoff auch in Form von Handgranaten angewendet.

Altes und fast Vergessenes

Hanspeter Hediger vom Obst- und Gartenbau Affoltern ZH liegt die Vermittlung und der Erhalt von altem Wissen über traditionelle Verarbeitungsmethoden von Gartenschätzen ganz besonders am Herzen. Für Obstessig, Konfitüre oder Essig werden alte Apfel- und Birnensorten ganz ohne Maschinen verarbeitet. Ein besonderes, fast in Vergessenheit geratenes Produkt sei der Birnendicksaft, betont Hediger.

Dafür wird frischer Birnensaft von speziellen Hochstamm-Birnenbäumen durch aufwändiges und schrittweises Erhitzen so weit eingedickt, bis nur noch ein zähflüssiges, goldig schimmerndes Konzentrat mit karamellartigem Geschmack übrig bleibt. Dieser «Goldsaft» eignet sich als Brotaufstrich oder zum Süssen diverser Speisen.

Unbekanntes und Exotisches

Beim Lust–, Nutz und Experimentiergarten «Lunex» kommen Lustgärtner und Experimentierfreudige auf ihre Kosten. Nebst Sämereien exotischer Gewächse setzt sich der Familienbetrieb aus Eggenwil ein für die Bekanntmachung unbekannter Gewächse und experimentiert gerne in Garten und Küche. Mit Begeisterung präsentierte Annafried Widmer Kessler Aussergewöhnliches und Nützliches, wie die peruanischen Glückskleerübchen des Knöllchensauerklees (Oca).

Dabei handelt es sich um eine sukkulente Kleeart aus der Andenregion mit fingerdicken, saftig rosaroten Stängeln. Dieser Klee erinnert geschmacklich an Sauerampfer. Die saftigen Stängel finden Verwendung bei der Teezubereitung. Die angenehme Säure gibt Kräutertee mehr Pep.

Die im Herbst geernteten kohlehydratarmen Knollen eignen sich hervorragend als Alternative zur Kartoffel. 20 Minuten gegart entwickeln sie eine erfrischend würzige Komponente und bereichern jede Mahlzeit. «Zudem bildet der Klee ansehnliche gelbe Blümchen», verrät Annafried Widmer Kessler. Gezüchtet wird der Knöllchensauerklee auf 1400 Metern über Meer im Bündnerland.

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