Sorgen für Gesprächsstoff und schlagen hohe Wellen – die geplanten Mobilfunkantennen
Möriken-Wildegg Geplante Standorte für Mobilfunkantennen scheiden die Gemüter. Für die einen sind sie zur optimalen Netzabdeckung nötig, für die anderen sind sie eine Verschandelung und eine Gefahr für die Gesundheit.
Am 30. Juni wird den Kirchgemeindemitgliedern unter Traktandum 07 der Antrag zur Installation einer Mobilfunkantenne im Kirchturm der reformierten Kirche Möriken unterbreitet. Seitens Kirchenpflege sprechen für eine Mobilfunkantenne: Der Kirchturm ist ideal für eine Mobilfunkanlage, weil er hoch ist und zentral in der Gemeinde steht; die Fläche ist im Kirchturm vorhanden und ohne Einschränkungen nutzbar; die Anlage ist von aussen nicht sichtbar; die Vermietung der Fläche bringt finanzielle Vorteile; die Kirchgemeinde muss weder für den Bau noch für den Betrieb Kosten übernehmen und erhält jährliche Mieteinnahmen von mehreren tausend Franken.
Bedenken aufgrund der Strahlenbelastung würden hingegen gegen eine Mobilfunkantenne sprechen. «Die Kirchenpflege hat mit knapper Mehrheit für die Vermietung der nötigen Fläche gestimmt. Wir möchten unseren Entscheid jedoch breiter abstützen und bieten deshalb den Kirchgemeindemitgliedern die Möglichkeit, am 30. Juni darüber abzustimmen», betont Martin Kuse, Pfarrer und Mitglied Kirchenpflege.
Funktionale Zweckbauten?
«Brisant beim Traktandum 07 ist der Umstand, dass die Kirchgemeindemitglieder vor der Abstimmung keine Kenntnis darüber haben, um welche Stärke es sich bei der Antenne handeln wird, eine G5 ist zu vermuten», schreibt Anne-Marie Carrel, Möriken, in ihrem Mail an die Redaktion. Sie hätten auch keine Kenntnis vom Inhalt des Vertrages mit der Swisscom und von den daraus resultierenden Verpflichtungen. Auch die übrigen Gemeindemitglieder von Holderbank, Möriken und Wildegg, die sich auf dem Kirchengelände oder in der Kirche aufhalten, hätten vom Traktandum 07 keine Kenntnis.
«Wird dem Antrag zugestimmt, ist dies das verlockende Signal an alle Gotteshäuser, mit ihren Kirchtürmen gutes Geld zu verdienen und sie dadurch zu verschandeln», schreibt Carrel. Die Kirchen würden zu funktionalen Zweckbauten. Die Situation der Antenne im Kirchturm erinnere stark an die Tempelreinigung, als Jesus die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel vertreibt und über den wahren Sinn der Kirche spricht (Johannes 2,13-16). «Die Kirchen sind Haus des Gebetes, prägen als symbolische Bauten eine Geschichte des Verhältnisses Gott–Mensch und sind Metaphern für ein Welt- und Gottesverständnis, sie verbinden Himmel und Erde, sie sind geistliche Orte, Asylräume, Friedensstätten und Begegnungsplätze», schreibt sie.
Zudem stehe die Kirche örtlich mitten im Auenschutzpark Aargau, was ein Naherholungsgebiet für Mensch und Tier darstelle. Der Auenschutzpark Aargau habe sich die Sorge um eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt auf die Fahne geschrieben. Strahlenemissionen würden das labile Gleichgewicht der Natur in der näheren Umgebung stören, betont Carrel. Es sei zudem wissenschaftlich erwiesen, dass G5-Antennen schädlich für die Gesundheit seien, daher hätten schon einige Gemeinden im Kanton die Installation einer G5-Antenne abgelehnt. «Im Dorf Möriken gibt es bereits zwei G5-Antennen.»
Einnahmen brechen weg
Von einer Verschandelung könne man nicht sprechen, da die Antenne von aussen nicht sichtbar sei. Zudem sei das Bibelzitat etwas weit hergeholt, da man ja Kirchenbesuchenden kein Geld aus der Tasche ziehe. «Die Kirche ist ein Ort der Kommunikation und der Vernetzung. Dafür brauchen auch Kirchen Empfang, um ihre Infrastruktur nutzen zu können», sagt Kuse. «Zudem unterliegt die Installation einer solchen Antenne strengen Schweizer Vorsorgegrenzwerten, die vollumfänglich eingehalten werden müssen.» Bund und Kantone würden die Grenzwerte strikt mit einem Qualitätssicherungssystem und Kontrollmessungen überprüfen.
Ausserdem sei die Installation finanziell attraktiv. Viele gingen davon aus, dass die Kirchen materiell gut dastünden. Dem sei nicht so, die Kirchgemeinden stünden wegen sinkender Kirchensteuern finanziell unter zunehmendem Druck, man müsse deshalb für neue alternative Finanzquellen offen sein. «Wir möchten auch weiterhin unsere kostenlosen Dienste wie Seelsorge und Begleitung aufrechterhalten können», betont Kuse.
Kann 5G krank machen?
Auf dem Internet finden sich unterschiedliche Äusserungen zu diesem Thema. Bei ibes.ch steht unter anderem: «Es gibt erst wenige Studien, welche 5G und damit verbundene Gesundheitseffekte untersucht haben. Die Behauptung, dass 5G krank macht, ist wissenschaftlich nicht erwiesen. Manche Studien behaupten, die Strahlung sei krebserregend. Anderen Forschern zufolge hat die Strahlung keinen Einfluss auf die Gesundheit. Ungeklärt ist die Wirkung der sogenannten Millimeterwellen, die 5G dereinst nutzen soll.»
Kirchgemeindeversammlung, Sonntag, 30. Juni, 9.30 Uhr, Kirche Holderbank.