6000 Flaschen und 1300 Deckel
Hunzenschwil Ein über sieben Meter langer Pottwal aus PET-Flaschen ist derzeit Blickfang im Recycling-Paradies in Hunzenschwil. Erschaffer ist nicht etwa ein erfahrener Skulpteur, sondern rund 20 engagierte Senioren.

Papi, schau mal der schöne, bunte Walfisch!», ruft ein Mädchen begeistert. Derzeit lassen bei Ankunft im Recycling-Paradies Hunzenschwil die meisten erst einmal das mitgebrachte Recyclingmaterial stehen und zücken ihre Handys. «‹Petti› ist ein beliebtes Fotosujet, wir erhalten viele positive Rückmeldungen», freut sich die Inhaberin der Recycling-Sammelstelle, Karin Bertschi. Ursprünglich schmückte die 7,5 Meter lange und 2,5 Meter hohe Walfisch-Skulptur aus Recyclingmaterial einen Umzugswagen am diesjährigen Jugendfest in Villmergen unter dem Motto «up-cycling».
Danach hat ihn das Recycling-Paradies adoptiert. Seit Anfang Juli steht der bunte Pottwal aus PET-Flaschen in Hunzenschwil. Theo Füglistaler, Leiter des Recycling-Projekts, freut sich darüber. «Der Wal passt hierhin und kommt gut zur Geltung.» Erstellt wurde der Walfisch unter seiner Anleitung von rund 20 Senioren der Gruppe Seniorenturnen der Pro Senectute Aargau.
600 Stunden Arbeit
Gut 600 Stunden Arbeit stecken in der Skulptur, bestehend aus 6000 Flaschen, 1300 Deckeli, Holz, Stahl und Gummizug. Die Erbauer dürfen zu Recht stolz auf das Endprodukt sein.
Gleichmässig reiht sich farblich abgestimmt PET-Flasche an PET-Flasche, die Flossen leuchten dank unzähligen Deckeln in den schönsten Regenbogenfarben, und auch Zähne und Augen wurden in liebevoller Arbeit detailgetreu nachgebildet. Recycling-Unternehmerin, Karin Bertschi, ist von der Skulptur beeindruckt: «Ich habe schon viele Arbeiten mit Recyclingmaterial gesehen. Aber ‹Petti› ist ganz klar mein Favorit.»
Beeindruckend ist die detailgetreue Skulptur auch deshalb, weil die Erschaffer ohne jegliche Vorkenntnisse oder Anleitung ans Werk gingen. Ausgangspunkt waren ein paar Vorlagen zur Inspiration. Skizze und Modelle erstellten die Seniorenturner aber selbst.
«Wie baut man so etwas?» war die Frage, deren Beantwortung die Laienskulpteure vor die grösste Herausforderung stellte. Im Alleingang erarbeiteten sie sich das Know-how. Theo Füglistaler holte sich Tipps bei Kollegen in der Holz- und Metallbranche. Hilfreich war für ihn auch seine langjährige Erfahrung als Messebauer.
Vieles erarbeitete sich die Gruppe mit Ausprobieren. Knackpunkt war beispielsweise, wie die PET-Flaschenreihen zusammenhalten. «Flaschenböden abschneiden, Flaschen zusammenschieben und mit Gummizug aneinanderketten, war schliesslich die Lösung», verrät Füglistaler. Im Gespräch merkt man schnell: der rüstige Pensionär ist kein Mann für halbe Sachen. «Schliesslich muess es hebe und guet usgseh.» Das Gerippe des Walfisches ist aus Holz, verstärkt wird es durch dünne Stahlstangen und ein Gitternetz.
Die Senioren setzten bei der Arbeit nicht auf den Weg des geringsten Widerstands, sondern entschieden im Sinne eines überzeugenden Endprodukts. Auch wenn dies Mehrarbeit bedeutete. Beispielsweise resultierte der demokratische Entscheid «Mit Etiketten statt ohne» zu zwei Tagen Extrabüez mit Flaschensortieren: Cola zu Cola, Fanta zu Fanta und Citro zu Citro. Dafür leuchtet der Fisch jetzt in den buntesten Farben – ein schönes Beispiel dafür, dass aus Recyclingmaterial etwas Tolles entstehen kann. Noch bis im Herbst darf der Walfisch in Hunzenschwil bleiben und als Fotomotiv dienen. Dann heisst es Abschied nehmen. Der Recycling-Fisch zieht in die neu eröffnende Filiale in Spreitenbach.