Weihnachten hinter Gittern

Im Gefängnis gibt es zu Weihnachten all das, was es für eine richtige Weihnachtsfeier braucht: festliche Dekoration, einen Weihnachtsbaum, Geschenke und Gemeinschaft. Trotzdem ist die Weihnachtszeit für viele Insassen auch eine traurige Zeit.

Nur die vergitterten Fenster sind ungewöhnlich: Dekoration für die Weihnachtsfeier in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg. Foto: zvg
Nur die vergitterten Fenster sind ungewöhnlich: Dekoration für die Weihnachtsfeier in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg. Foto: zvg

Festtagszeit – ruhige und besinnliche Zeit. Das ist auch in der Strafanstalt Lenzburg und im Zentralgefängnis Lenzburg (ZG) der Fall. Über die hohen Feiertage im Dezember sind die Gefangenen nicht in die normalen Abläufe von Arbeit und Freizeit eingebunden. Die Zeit verbringen sie allein in ihren Zellen. Am 24., 25. und 26. Dezember sorgen nur die Besuchszeiten für Abwechslung. Wer keinen Besuch bekommt, der muss auf seiner Zelle bleiben. Diese Lücke über die Festtage kann auch die Seelsorge nicht ausfüllen. «Die Seelsorgenden stehen am 24., 25. und 26. Dezember nicht in der Justizvollzugsanstalt im Einsatz», sagt Gefängnisseelsorgerin Anna-Marie Fürst.

Grosse Sehnsucht nach Gemeinschaft

Die Atmosphäre sei während dieser Zeit dementsprechend nachdenklich – und auch traurig. «Vielen wird über die Festtage speziell bewusst, dass sie isoliert sind – abgeschnitten von ihren Familien.» Die Sehnsucht nach Zusammengehörigkeit sei über diese Tage im Gefängnis hoch.

Die Justizvollzugsanstalt Lenzburg versucht, diesem Bedürfnis mit verschiedenen Feiern entgegenzukommen. In der Strafanstalt findet die Weihnachtsfeier am 21. Dezember statt. Es nehmen jeweils rund 60 Gefangene daran teil, ausserdem verschiedene Vertreter von Stadt und Kirche. Im Zentralgefängnis finden insgesamt vier Feiern am 22. Dezember in kleineren Gruppen à je rund 25 Gefangene statt. Die Abteilung für Gefangene 60plus feiert am 23. Dezember. Die Insassen der beiden Sicherheitstrakte können aus Sicherheitsgründen nicht an die Feiern kommen. Für sie findet eine eigene Feier in der Sicherheitsabteilung statt.

Ein Gabentisch mit Geschenken

Im Anschluss an die Feiern steht ein Gabentisch mit Mandarinen, Nüssen und Schokolade bereit. Und es gibt sogar Geschenke, beigesteuert von der Heilsarmee, für alle, die an den Feiern teilnehmen.

Weihnachten im Gefängnis ist zwar mit Traurigkeit verbunden, es ist laut Fürst aber auch eine besinnliche Zeit, eine Zeit zum Nachdenken. Eingestimmt auf die Festtage wird auch in der Strafanstalt und im ZG mit weihnachtlicher Dekoration. Dort, wo alle Flügel zusammenkommen, stimmen geschmückte Tannenzweige und ein grosser Adventskranz auf die Festtage ein. Und auch die Weihnachtsbäume und die Krippenfiguren fehlen im Gefängnis nicht. Sie stehen dort, wo die Feiern stattfinden.

Die Festtagsfeiern im Gefängnis sind eine besondere Abwechslung für die Insassen. Ein gefragtes Highlight sei jeweils das Musikprogramm, weiss Fürst. Dieses Jahr tritt in der Strafanstalt die Irische Gruppe «Lúcháir» mit einer Lenzburger Musikerin auf. Im ZG unterhalten eine Instrumentalgruppe und ein kleiner Männerchor. Die Feiern seien auch we-gen des musikalischen Begleitprogramms sehr beliebt. Vielleicht nehmen auch aus diesem Grund sowohl Christen als auch andere Religionsangehörige an der Feier teil. In der Strafanstalt sind rund 62 Prozent der 186 Insassen Christen. Auch eine grosse Gemeinschaft orthodoxer Christen ist vertreten, sie feiern Weihnachten am 8. Januar in einer separaten Feier. «Die Seelsorge in der JVA arbeitet interreligiös», sagt Fürst. An Weihnachten stehe zwar die christliche Feier im Vordergrund, aber diese sei an sich schon interreligiös. – «Weihnachten ist ein Fest der Nächstenliebe.»

«Beitrag an den inneren Frieden»

Weihnachten ist aber auch ein Familienfest, vor allem hierzulande. Gefangene sind jedoch die meiste Zeit von ihren Lieben getrennt. Ein Umstand, der über die Festtage besonders schwer wiegt. «Es ist schwierig für die Insassen, mit der Leere über die Festtage umzugehen», weiss Anna-Marie Fürst. «Ich hoffe, dass die Feiern im Gefängnis ein Beitrag sein können an den inneren Frieden.»

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