tipp zum Alltag
«The time is out of joint ...!» lässt Shakespeare seinen Helden wider Willen, Hamlet, sagen: «Die Zeit ist aus den Fugen.» 2016 übersetzte Angela Merkel: «Die Welt ist aus den Fugen!» Vielen Bürgerinnen und Bürgern sprach sie damals aus der Seele. Die Namen der Politiker (es sind tatsächlich nur Männer) aufzuzählen, die für diese aus den Fugen geratene Welt die Verantwortung tragen, erspare ich uns an dieser Stelle.
Die Klientinnen und Klienten in meiner psychologischen Praxis werden immer jünger und – hoffnungsloser. Viele von ihnen leben finanziell abgesichert, aber ziellos vor sich hin, leiden an einer Welt, die offensichtlich rigoros auf Egoismus, rücksichtslosen Machtmissbrauch des Stärkeren und Erniedrigung der Schwachen setzt. «Was können wir schon dagegen tun?!», stimmen die meisten in den Chor der Resignierten ein. – Ich versuche eine Antwort. In seinem empfehlenswerten Buch «Eden Culture» zeigt Johannes Hartl auf, welche drei elementaren Bausteine es braucht, um einen neuen Garten Eden zu errichten: Verbundenheit, Sinn und Schönheit. Jede dieser drei Dimensionen setzt ein hohes Mass an Achtsamkeit voraus. Die Verbundenheit erfordert eine gesunde Portion Selbstakzeptanz und Toleranz; Sinnfindung weist über die eigene Existenz hinaus und kann auf Spiritualität nicht verzichten; und Schönheit entsteht durch Kreativität. Anders gesagt: Wenn es uns gelingt, in naher Zukunft über alle politischen und religiösen Grenzen hinweg als Menschen zusammenzurücken; wenn wir unsere verloren geglaubte Spiritualität neu beleben; und wenn wir wieder lernen, uns an der Schönheit zu erfreuen und über die Schöpfung, den Kosmos, die Natur zu staunen – ja, dann kann tatsächlich eine achtsame Lebenshaltung die Fugen dieser malträtierten Welt wieder kitten.
«Tipp zum Alltag». Hier schreiben Dozenten des CAS-Studienlehrgangs Achtsamkeit in Lenzburg jeweils einmal pro Monats über psychologische Aspekte im Alltag. Die Autoren wechseln sich ab.







