Warm ums Herz

«Tauwetter!» Der Freudenschrei war wohl weit über Lenzburg hinaus zu hören, in einer Zeit, als die Eiszapfen noch an Brauen und Bärten hingen und als Schlossdrache Fauchi noch keine Wurstspiesse briet. Damals nämlich hatte der Reussgletscher noch die halbe Schweiz im Griff und die letzte Eiszeit begann vor sich hinzuschmelzen.
Tauwetter herrscht auch heute noch, Greta machts deutlich. Ausgemergelte Polareisbären auf nussschalengrossen Eisblocks? Not sexy. Da wäre einem Eisschmelze in der Gelateria doch lieber. Tja, das Wetter weiss immer weniger, was es will, die Gesellschaft ebenfalls. Langlaufloipe durch Frühlingswiese? Just don’t! Das ist ja wie Warmduschen mit Paraplü. Eine krasse Eiszeit wie vor 20000 Jahren wär wieder mal was. Da wuchsen die richtig grossen Mammutzähne. Was wollte man in diesen schroffen Zeiten schon mit Milchzähnen? Und wo waren da die Milchkälber?! Die haben sich doch gar nicht auf die Wiese getraut bei all den Säbelzahntigern.
Der grosse Felsbrocken im Gexi jedenfalls stammt übrigens auch aus der Gletscherzeit. Kreiselkunst nennt man das heute, oder «Stein des Anstosses», wie dort einst auf weissem Band zu lesen war. Mentale Eiszeit? Nun, wirklich cool ist inspirierender Ökoaktivismus à la Maurice Maggi. Wie das geht? Man streue während 20 Jahren heimlich Malvensamen aus und – plaff – blühen überall hübsche bunte Blumen, wo sich sonst Auspuffe jagen – auch Blumengraffiti genannt.
Übrigens eben im www entdeckt: Guerilla Gardening, Samenbomben für eine buntere Stadt. Übertragen auf Lenzburg würde sich doch der Lenzburger Duft anbieten, eine wohlriechende Rosenzüchtung des Niederlenzers Walter Scheiber aus den 80er-Jahren. Da wird einem doch glatt warm ums Herz.
(mphs)
Plakat finden und Preise gewinnen. Das Projekt «Lenzburgiana» wurde vom Museum Burghalde lanciert. Während eines Jahres werden monatlich humorvolle Grafiken zu Lenzburger Besonderheiten präsentiert. Das Motiv wird in Plakatgrösse irgendwo im Städtli erscheinen. Der Text dieser Kolumne verrät den Standort. Die witzigsten Selfies vor diesem Plakat werden prämiert. Handyfotos mit Name und E-Mail-Adresse senden an: burghalde@lenzburg.ch. PS: Und die Postkarte dazu gibts im Museumsshop.