«Verkehr ist Fluch und Segen zugleich»
Mobilität Am übernächsten Dienstag wird am Forum des Gemeindeverbandes Lebensraum Lenzburg Seetal (LLS) über die «Mobilität der Zukunft» gesprochen. Hans-Jürg Reinhart ist als Gemeindeammann von Möriken-Wildegg Teilnehmer am Podium.
Alltäglich und omnipräsent sind in der Region Probleme beim Verkehr: Verspätungen und überbelegte Sitzplätze bei der Bahn, notorische Staus auf den Strassen, fehlende Fuss- und Velowege.
Der «Lebensraum» macht das viel diskutierte Thema unter dem Titel «Mobilität der Zukunft – Chance oder Utopie?» zum Gegenstand des Forums «Wirtschaft trifft Politik». Der einzige Podiumsteilnehmer (ausser dem Moderator), der in der Region wohnt, ist Hans-Jürg Reinhart. Der Gemeindeammann von Möriken-Wildegg beantwortet im Vorfeld Fragen zum Verkehr.
Bei Verkehrsproblemen in der Region spricht man in erster Linie über verstopfte Strassen in Lenzburg oder den Bahnhof Lenzburg. Wie ist Ihre Gemeinde Möriken-Wildegg ebenfalls von Verkehrsproblemen betroffen?
Hans-Jürg Reinhart: Die Brugger- und Aarauerstrasse, die durch Wildegg führt, bildet mit über 20000 Fahrzeugen pro Tag schon eine grosse Belastung. Dies hat auch zu Reaktionen von Anwohnern geführt.
Hat man schon Verbesserungen geplant?
Die Sanierung der Strassen hat keine entscheidende Verbesserung gebracht. Es war schon eine Umfahrung im Norden geplant und ist auch als Richtplaneintrag vorgesehen, doch gibt es unter anderem mit der angedachten grossen Abwasserreinigungsanlage Interessenkonflikte.
Gibt es Alternativen?
Im Moment finden Gespräche mit dem Kanton zu einem Verkehrslenkungsprojekt statt. Von einer Lenkung versprechen wir uns echte Verbesserungen. Eine Pforte verlagert die Belastung an den Rand des Dorfes und verflüssigt den Verkehr innerhalb von Wildegg.
Was kann man als Gemeinderat zu einer besseren Verkehrssituation beitragen?
Man muss alles in einen Gesamtzusammenhang stellen, sonst bleiben einzelne Massnahmen Stückwerk. Als Gemeinde haben wir eine Gesamtschau mit Kantonsvertretern verlangt und sind auf offene Ohren gestossen.
Gibt es da Konkretes?
Wir haben angeregt, wenigstens eine Umfahrung vom T5-Kreisel im Westen bis zur Brücke zu prüfen. Das würde den Verkehrsfluss wesentlich verbessern, wie die Verkehrsmodelle zeigen. Wir suchen nicht die totale Umlagerung; das wäre für das Gewerbe an der Hauptstrasse nicht gut. Der Verkehr ist eben Fluch und Segen zugleich.
Gibt es regionale Ansätze, etwa innerhalb des «Lebensraums»?
Im Moment sind wir hier gut aufgegleist. Die A1 ist zu klein und unser Problem mit der direkten Verbindung Aarau–Brugg über Wildegg kann man nur regional lösen. Man muss, etwa mit dem geplanten Verkehrsmanagement, das Gesamtsystem betrachten. Innerhalb des LLS redet man viel mehr miteinander als früher. Wir führen zudem einen Dialog mit den Nachbargemeinden Auenstein und Veltheim, die wir beispielsweise in unsere Bahnhofplanung einbezogen haben.
Machen Sie sich auch Gedanken zu den gesellschaftlichen Ursachen der gewachsenen Mobilitätsbedürfnisse?
Die Gesellschaft wird immer spezialisierter; da ist der Arbeitsplatz nicht immer zwingend in der Nähe des Wohnorts. Wichtig ist deshalb, dass man schaut, dass der Arbeitsweg mit dem öffentlichen Verkehr bewältigt werden kann. Doch wir hier sind immer noch auf dem Land und da wird man nicht ganz ohne den motorisierten Individualverkehr auskommen.
Was erwarten Sie zur Lösung der Verkehrsprobleme von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft?
Bei der Politik besteht Handlungsbedarf. Die Steuerung der Verkehrsflüsse muss künftig differenzierter erfolgen als bei der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Ich weiss, dies ist eine grosse Herausforderung. Mehr Elektroautos verbessern die Luft- und Lärmsituation. Dies bedingt jedoch auch «saubere» Kraftwerke und bessere Speichertechnologien. Vielleicht kommen wir zudem in Zentrumsgemeinden nicht um ein Roadpricing herum, wie etliche Beispiele im Ausland zeigen.
Wie sieht die Verkehrssituation in Möriken-Wildegg in 50 Jahren aus?
Ich bin kein Hellseher, aber ich glaube und hoffe, die Strassenräume werden wieder freundlicher aussehen mit deutlich mehr Grün. Dazu muss die Raumplanung jedoch früh die nötigen Vorkehrungen treffen und die entsprechenden Räume planen und freihalten. Mit dem aktuellen Zwang zur inneren Verdichtung erzeugt dies einen unheimlichen Druck auf die Dörfer; deshalb muss man früh genug Gegensteuer geben.
Fünftes Forum «Wirtschaft trifft Politik»
Mobilität Eines der herausforderndsten Themen unserer Zeit ist sicherlich die Mobilität. Der Gemeindeverband Lebensraum Lenzburg Seetal (LLS) nimmt dies auf und organisiert am 20. August unter dem Titel «Mobilität der Zukunft – Chance oder Utopie?» sein fünftes Forum unter dem Titel «Wirtschaft trifft Politik».
Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr im Alten Gemeindesaal Lenzburg, und wie jedes Jahr bietet das Forum die bewährte Mischung aus Impulsreferat, Podiumsdiskussion und anschliessendem Apéro. So kommen die Gäste in den Genuss von interessanten Ansichten von Fachleuten und können die Gelegenheit nutzen, sich mit zahlreichen und namhaften Vertretern aus Politik und Wirtschaft auszutauschen. (lba)
Programm. 17.30 Uhr: Türöffnung. – 18 Uhr: Beginn der Veranstaltung mit Referat von Heinz Vögeli (Inspirator Denkfabrik Mobilität Zürich). Podiumsdiskussion mit Heinz Vögeli und Thierry Burkart (Nationalrat, FDP, Baden), Irène Kälin (Nationalrätin, Grüne Partei, Oberflachs), Hans-Jürg Reinhart (Gemeindeammann, Möriken-Wildegg), Dino Graf (Leiter Kommunikation Amag-Group); Moderation: Jürgen Sahli. Im Anschluss Apéro riche. – Anmeldung unter www.wirtschaftsforum-ls.ch (Platzzahl beschränkt).