Tipp zum Alltag: Freizeit versus Beschäftigung
«Das goldene Versprechen des Wohlstands». Haben Sie die Ferien genossen? Hand aufs Herz, war es nicht manchmal auch richtig anstrengend, einfach nichts zu tun? Freizeit, Ferien, keine Pflichten, nichts tun, nichts müssen, das oft angestrebte Dolce far niente, für viele eine Trauminsel. Kaum erreicht, erlebt man am Traumort nicht selten die grosse Enttäuschung. Das reine Nichtstun wird zur Folter. Schon die alten Griechen wussten, Arbeit bringt Erfüllung, und doch wurde Freizeit stets als höchstes zu erstrebendes Gut betrachtet.
Karriere machen, viel verdienen und sich mit 50 Jahren zurückziehen und das Leben geniessen. Doch dieses Geniessen der angestrebten Freizeit braucht Übung und Erfahrung. Warum nicht den Sinn und die Erfüllung im Alltäglichen finden? Wenn wir es schaffen, Tätigkeiten und Arbeiten zu finden, welche ausfüllen und befriedigen, rückt die Sehnsucht nach Freizeit ganz schnell in den Hintergrund. Ganz nach der alten Weisheit «Das Wunderbare liegt im Alltäglichen».
Unsere Gehirnchemie ist auf ständige Unterhaltung eingestellt. Bei einer Studie im Jahr 2015 liessen Forscher Menschen in einem Raum, ohne etwas zu tun, 6 bis 15 Minuten lang allein. Schnell wurde ersichtlich, dass sich die Teilnehmenden jeder verfügbaren Aktivität zuwandten, auch Elektroschocks an sich selbst. Schmerzzuführung ist offensichtlich erfüllender als Nichtstun. Dies erklärt auch die ständige Nutzung des Handys, sieht man doch heute unterwegs kaum mehr Menschen, welche nicht irgendetwas konsumieren und sich ablenken.
Trotz der beschriebenen Schwierigkeiten tut es gut, zu lernen, nichts zu tun. Die besten Ideen entstehen oft aus der Leere. Einstein soll träumend auf die Relativitätstheorie gestossen sein.
Tipp: Versuchen Sie täglich mindestens einmal 10 Atemzüge zu beobachten, ohne dabei an etwas anderes zu denken. Nase, Brustraum oder Bauch, wo zeigt sich der Atem am deutlichsten? Bereits nach kurzer Zeit wird sich Ihr Wahrnehmungsvermögen verbessern. Eine ganz einfache Übung, denken Sie – unbedingt ausprobieren.
«Tipp zum Alltag». Hier schreiben Dozenten des CAS-Studienlehrgangs Achtsamkeit in Lenzburg jeweils in der letzten Ausgabe des Monats über psychologische Aspekte im Alltag. Die Autoren Horst Hablitz, Thomas Jenelten, Jörg Kyburz und Volker Schulte wechseln sich ab.