Tipp zum Alltag: Fasten mit Augenzwinkern
Alle Jahre wieder begehen wir die christliche Fastenzeit. Wobei dieses «wir» anzahlmässig immer mehr schrumpft. Die Fastenzeit wird oft mit einem Verzicht verknüpft. In meiner Kindheit waren das die Süssigkeiten. Die in der Fastenzeit erhaltenen süssen Dinge kamen in eine Schachtel. Diese durfte erst an Ostern geöffnet werden. Da gab es Süsses in grossen Mengen. Zum Inhalt der Schachtel kamen ja noch die «Schoggola-Osterhasen» dazu.
Später musste ich mich dem Bierfasten unterwerfen. Wenn ich auf Projektbesuch in Tansania war, meistens in der Fastenzeit. Da ist es heiss in diesem Land. Gegessen habe ich jeweils in einer kleinen Schwesterngemeinschaft. Da wurde mir gleich am Anfang meines Besuches eröffnet, dass es in der Fastenzeit kein Bier gebe, ausser an Sonntagen oder nach einer langen staubigen Autofahrt oder nach der Feldarbeit. Und es kamen noch einige Ausnahmen dazu. Das hat mir gefallen: dieses Fasten mit einem Augenzwinkern. Eine wichtige Ausnahme war auch mein Besuch. Die Schwestern haben sich immer gerne auf diese Ausnahme berufen – und Bier auf den Tisch gestellt!
Ich finde Fasten etwas Gutes, einmal bewusst auf etwas verzichten. Dieses Jahr werde ich wieder einmal «richtig» fasten. Ich werde fünf Tage nur Tee, Frucht- und Obstsäfte zu mir nehmen. Ich tue es nicht, um zu leiden. Ich freue mich auf diese Zeit. Ich halte mir dann auch die Abende frei. Die werde ich nutzen für eine kleine Wanderung, für eine Achtsamkeitsübung. Fasten ganzheitlich.
Und Sie, nehmen Sie sich auch etwas vor? Möglichkeiten gibt es ja viele: ein Handy-Fasten, ein Böse-Worte-Fasten, ein Bücher-Einkauf-Fasten, ein Termin-Fasten. Vielleicht auch wieder einmal ein Alkohol-Fasten. Aber einige Ausnahmen müssen schon sein.
Fasten Sie doch auch. Aber bitte immer mit einem Augenzwinkern. Viel Erfolg, Freude und Freiheit. Und vielleicht gibt’s dann an Ostern zur Belohnung eine Osterhäsin mit Mandelsplittern. Wie lecker.
«Tipp zum Alltag». Hier schreiben Dozenten des CAS-Studienlehrgangs Achtsamkeit in Lenzburg jeweils in der letzten Ausgabe des Monats über psychologische Aspekte im Alltag. Die Autoren Horst Hablitz, Thomas Jenelten, Jörg Kyburz und Volker Schulte wechseln sich ab.