Recht-Tipp: Erbrecht Teil III: ­Stolperfallen bei ­Liegenschaften

Gabriela Furter
Gabriela Furter

Beim Vererben gibt es vielerlei Stolperfallen, wie folgendes Beispiel zeigt: Ein Ehepaar hat zwei Kinder A und B. Als das Ehepaar in eine kleine Alterswohnung zieht, übertragen sie ihre bisherige Eigentumswohnung als Erbvorbezug an Kind A. Die Eigentumswohnung hat einen Verkehrswert von 800000 Franken und ist mit einer Hypothek von 300000 Franken belastet. Um beide Kinder gleich zu behandeln, geben sie Kind B den Betrag von 500000 Franken in bar.

Als es Jahre später zur Erbteilung kommt, hat die Eigentumswohnung einen Verkehrswert von 1,3 Millionen Franken. Abzüglich der Hypothek von 300000 Franken muss Kind A sich nun einen Betrag von 1 Million Franken anrechnen lassen, Kind B hingegen nur 500000 Franken. Denn es gilt der aktuelle Wert im Todeszeitpunkt des Erblassers. Kind A muss Kind B folglich 250000 Franken zahlen, damit beide Kinder gleich viel erben (je 750000 Franken). Dies kann dann ein Problem darstellen, wenn das verbleibende Erbe nicht mehr hoch ist und Kind A den Ausgleich aus dem eigenen Vermögen zahlen muss.

Es lohnt sich deshalb, das Vererben von Liegenschaften genau zu prüfen und die Risiken abzuwägen. In unserem Beispiel hätten die Ehegatten dem Kind A beispielsweise ein Darlehen in der Höhe von 500000 Franken geben können, statt ihm die Liegenschaft zu schenken. Im Todeszeitpunkt der Erblasser würde so der aktuelle Verkehrswert der Liegenschaft keine Rolle spielen.

Oft wird eine Liegenschaft nicht ganz als Erbvorbezug übertragen, sondern als sogenannte «gemischte Schenkung». Das bedeutet, dass das Kind zwar einen Kaufpreis bezahlt, der aber unter dem Marktwert liegt. Auch hier gilt es, die obgenannte Stolperfalle zu beachten. Denn der Teil, der geschenkt wird, muss später ausgeglichen werden. Bei gemischten Schenkungen ist es wichtig, dass im Zeitpunkt der Übertragung der Liegenschaft eine aktuelle Verkehrswertschätzung gemacht wird. So ist später allen klar, mit welchen Zahlen der Ausgleich berechnet werden muss. Und je klarer die Sache ist, desto weniger Streit gibt es.

«Recht-Tipp». Hier schreibt lic. iur. Gabriela Furter jeweils in der dritten Ausgabe des Monats über rechtliche Aspekte. Sie führt in Lenzburg eine Kanzlei.

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