Recht-tipp

Gabriela Furter
Gabriela Furter

Gemäss Gesetz hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf ein Zeugnis, das wahr und wohlwollend ist. Wahr, damit künftige Arbeitgeber ein zutreffendes Bild erhalten. Wohlwollend, um den beruflichen Werdegang nicht unnötig zu belasten.

In der Praxis bedeutet diese doppelte Anforderung aber oft ein schwieriges Abwägen. Ein Zeugnis darf keine übertriebenen oder geschönten Lobpreisungen enthalten, aber auch keine Formulierungen, die einer versteckten Abwertung gleichkommen. Offensichtliche Fehler oder bewusstes Verschweigen wesentlicher Aspekte sind unzulässig. Es sind also auch negative Aspekte zu erwähnen, sofern diese für die Gesamtbeurteilung der Leistung notwendig sind. Ebenso sind versteckte Codes – etwa die gezielte Verwendung bestimmter Floskeln, die nur Eingeweihten negative Botschaften vermitteln – rechtlich heikel.

Trotzdem existieren in der Alltagspraxis typische Wendungen, die zwischen den Zeilen gelesen werden. Ein Klassiker: «Er bemühte sich», eine höfliche Umschreibung für mässigen Erfolg. Oder «im Rahmen seiner Fähigkeiten», was oft bedeutet: Die Fähigkeiten waren begrenzt. Auch die Reihenfolge bei der Aufzählung von Stärken kann Gewicht haben. Wird beispielsweise die Zuverlässigkeit an erster Stelle genannt, aber die Fachkompetenz gar nicht erwähnt, fällt dies auf. Solche Nuancen sind selten Zufall, sondern oft bewusst gesetzte Signale. Juristisch gilt: Solche versteckten Bewertungen dürfen nicht dazu führen, dass das Zeugnis inhaltlich falsch oder irreführend wird. Wer ein Arbeitszeugnis erhält, hat das Recht, Korrekturen zu verlangen, wenn das Zeugnis nicht den Kriterien entspricht.

Können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einigen, so kann die Schlichtungsbehörde angerufen werden. Meistens können sich die Parteien dort mit Hilfe des Richters einigen. Übrigens dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jederzeit ein Zwischenzeugnis verlangen. Dies ist besonders dann wichtig, wenn beispielsweise der Vorgesetzte wechselt.

«Recht-Tipp». Hier schreibt lic. iur. Gabriela Furter jeweils einmal pro Monat über rechtliche Aspekte. Sie führt in Lenzburg die Firma «Notariat Furter & Partner GmbH».

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