Möriken ruft – die Welt antwortet

Möriken-Wildegg Das Jahrestreffen der Schweizer Funkamateure findet dieses Jahr am 21. August in Möriken statt. Eine Gelegenheit, diese mit viel Passion ausgeübte Tätigkeit näher kennen zu lernen.

Der Arbeitsplatz eines Funkamateurs: Modernste Hilfsmittel und eine Technik auf dem neuesten Stand ermöglichen Verbindungen rund um die Welt. Foto: René Lutz
Der Arbeitsplatz eines Funkamateurs: Modernste Hilfsmittel und eine Technik auf dem neuesten Stand ermöglichen Verbindungen rund um die Welt. Foto: René Lutz

Funkamateure sind Spezialisten der Kommunikation. Sie tüfteln jahrein jahraus an ihren Geräten, verbessern sie und sind aufgeschlossen gegenüber neuen Technologien. Dass der Amateurfunk aber nicht nur eine technisch herausfordernde Freizeitbeschäftigung ist, sondern im Katastrophenfall auch eine wichtige Rolle in der Kommunikation spielt, zeigte sich unlängst während der Unwetter in Deutschland.

Tatsächlich sind Funkamateure technisch so ausgerüstet, dass sie die Kommunikation untereinander auch in einem Krisenfall aufrechterhalten können. Die meisten Funkgeräte benötigen 12 Volt und können deshalb ab einem Akku oder einer Autobatterie gespiesen werden. Je nach Funkgerät ist eine regionale oder auch internationale Kommunikation – unabhängig von der öffentlichen Infrastruktur – möglich. Die Funkamateure übermitteln Texte, Sprache und teilweise auch Bilder.

Behörden mit Sicherheitsaufgaben verfügen über eigene Netze, aber diese dienen dem Eigenbedarf und stehen der Bevölkerung deshalb in einem Krisenfall nicht zur Verfügung. Gerade in einer Krise können aber einfache Meldungen wie «Liebe Eltern, wir haben im Moment keinen Strom und kein Telefon, aber es geht uns gut» für Beruhigung sorgen. Hier sehen die Funkamateure eine Möglichkeit, in einer Krise Hilfe zu leisten. In verschiedenen Kantonen bestehen im Bereich Notfunk bereits Leistungsvereinbarungen mit Funkamateuren.

«Die Katastrophe in Deutschland hat gezeigt, das bei einem Zusammenbruch der Infrastruktur eine Anreise in ein Schadensgebiet nur noch für Feuerwehr, Zivilschutz und Militär möglich sein kann. In so einem Fall kommt den vor Ort wohnhaften Funkamateuren eine besondere Bedeutung zu», sagt dazu Kaspar Zbinden (HB9EGZ).

Technik, Geografie und Sprachen

Die Begeisterung für Technik ist sicher bei den meisten Funkamateuren der Antrieb, sich mit Amateurfunk zu beschäftigen. Man befasst sich automatisch mit Mathematik, Elektronik und der Wellenausbreitung an der Ionosphäre.

Aber nebenbei lernt man auch Geografie, denn man möchte ja wissen, wo der Kollege, mit dem man gerade in Kontakt war, genau zu Hause ist. Oder man überlegt sich, zu welcher Tageszeit die gewünschte Verbindung zu den Bouvet–inseln (2500 Kilometer südwestlich von Südafrika) klappen könnte.

Wer Fremdsprachen beherrscht, ist im Vorteil, denn nicht jeder Funkamateur spricht gerne Englisch. Mit Spanisch, Russisch oder Französisch kann man sich Freunde schaffen.

Freunde auf der ganzen Welt

«Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich das soziale Netzwerk der Funkamateure über die ganze Welt erstreckt», bestätigt Kaspar Zbinden. Plötzlich habe man im Libanon, in den USA oder in Sardinien jemanden, der einem sehr gerne sein Land oder seine Stadt zeige.

Das persönliche Rufzeichen verrät, woher man kommt. So beginnen alle Schweizer Stationen mit HB, die französischen Stationen mit F, die Griechen tragen stolz ein SV und die Spanier beginnen alle mit EA. Es sind die gleichen Kürzel, mit denen man Flugzeuge kennzeichnet – Funkamateure schauen deshalb immer kurz auf das Heck eines Flugzeugs und wissen sofort, wo es immatrikuliert ist.

Nationales Fest der Funkamateure

Die Sektion Aargau der Union Schweizerischer Kurzwellen-Amateure (USKA) lädt am 21. August die Welt nach Möriken ein. Rund 400 bis 500 Besucher aus der ganzen Schweiz und dem angrenzenden Ausland werden erwartet.

Neben dem Marktplatz für die Händler erwartet die Besucher ein attraktives Rahmenprogramm. So gibt es eine Funkstation, die auch Laien offen steht und an der man unter fachkundiger Anleitung seinen ersten Funkkontakt abwickeln kann, zudem wird es Attraktionen für Jung und Alt geben. Für die Kleinen ist die Suche nach versteckten Peilsendern ein Detektivspiel, für die Grösseren ist es ein ernsthafter Sport, der mit dem Orientierungslauf verwandt ist. Es wird aber auch Vorträge zu verschiedensten Themen geben, sei es über das Layout von Platinen, über den Einstieg ins Hobby oder über die Nutzung von 3D-Druckern im Amateurfunk. Gerne können Jugendliche unter fachkundiger Aufsicht einmal eine Platine selber löten. Wer alte und neue Technik mag, der wird sicher beim Technik-Flohmarkt fündig.

Gespräche in der Festwirtschaft

Bei Kaffee, Kuchen oder etwas Feinem vom Grill und einem Glas Wein besteht die Gelegenheit, problemlos mit Funkamateuren ins Gespräch zu kommen. So erfährt man zum Beispiel etwas über den Funkkontakt mit Jerry, der Pilot einer Frachtmaschine ist und sich zwischendurch Zeit nimmt, um aus der Luft mit Funkamateuren zu sprechen, oder jemand anders erinnert sich vielleicht noch an einen Kontakt mit König Hussein I. von Jordanien.

(Quelle: Kaspar Zbinden, HB9EGZ)

Hamfest, Samstag, 21. August, 9 bis 16 Uhr, Gemeindesaal Möriken, Dorfstrasse 1. Detailprogramm: www.hamfest2021.ch. Es gelten die offiziellen Covid-Schutzmassnahmen.

Einige Begriffe rund um den Amateurfunk

Amateurfunk: Bezeichnung des Funkdienstes.

Funkamateur: Lizenzierter Funker.

Fähigkeitszeugnis: Wird vom BAKOM nach erfolgreicher Prüfung ausgestellt und erlaubt dem Absolventen, als Funkamateur tätig zu sein.

Rufzeichen: Jedem Funkamateur wird ein eindeutiges Rufzeichen zugeteilt, das ihn gegenüber anderen Funkamateuren, aber auch gegenüber den staatlichen Institutionen als berechtigt ausweist. In der Schweiz beginnen die Rufzeichen mit HB9.

OM: «Old Man» ist die freundschaftliche Bezeichnung der Funkamateure untereinander. OM steht für Funker.

HAM: Amerikanische Bezeichnung für Funker.

HAMFEST: Ein Fest für Funkamateure.

YL: «Young Lady» ist die freundschaftliche Bezeichnung für weibliche Funkamateure, weil die männliche Bezeichnung einfach nicht passend für Frauen wäre.

Kurzwelle: Die Funkamateure sind im Kurzwellenbereich (1 bis 30 MHz) tätig. Ionosphäre: Die Funkwellen werden an der Ionosphäre reflektiert, so dass Funkkontakte über weite Strecken erreicht werden.

QSL: Q-Codes sind Abkürzungen aus dem Funkbetrieb. QSL hat die Bedeutung «Ich bestätige». QSL-Karten sind postkartenähnliche Bestätigungskarten, die Funkamateure untereinander austauschen, nachdem sie einen Kontakt hatten.

Q-Codes: Die aus drei Buchstaben bestehenden Codes erlauben die schnellere Übermittlung von Nachrichten, vor allem beim Morsen. So bedeutet zum Beispiel QSO Radioverbindung, QTH bezeichnet den Standort der Funkstation und QRG ist die Frequenz, auf der gearbeitet wird. Die Kenntnis der Q-Codes ist Voraussetzung für die Radioamateurprüfung des BAKOM.

Morsen: Zur Ausbildung zum Funkamateur gehört auch das Morsen. Der Vorteil: bei schlechten Verbindungen dringen die Morsezeichen, im Gegensatz zur Sprache, immer noch durch.

Hobbyfunk: Dieser Betriff ist im Zusammenhang mit Funkamateuren zu vermeiden, denn er wird als abwertende Bezeichnung empfunden.

CB-Funk: Der Funkbetrieb auf dem Citizen-Band hat nichts mit dem Amateurfunk zu tun. Dieser Funkdienst benötigt keine Prüfung, man muss nur ein Gerät kaufen und kann loslegen.

USKA: Union Schweizerischer Kurzwellenamateure. Jedes Jahr organisiert eine andere Sektion das Jahrestreffen der Funkamateure. kzb/do

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