Mitgefühl für die Welt – und für mich selbst

Seit der Corona-Pandemie habe ich meinen Medienkonsum stark reduziert – und ich merke: Es tut mir gut. Die wirklich wichtigen Nachrichten erreichen mich ohnehin, und bis heute bin ich mit dieser Entscheidung gut gefahren. Und doch gehen die vielen Kriege, die unsere Welt momentan erschüttern, nicht spurlos an mir vorbei – wie auch?

Neulich habe ich mich dabei ertappt, wie ich durch eine Nachrichten-App gescrollt bin. Ich stiess auf Artikel über die humanitären Katastrophen in Gaza und im Sudan. Ich musste die Texte gar nicht zu Ende lesen, um zu spüren, wie sehr die Menschen dort leiden. In solchen Momenten wird mir bewusst, wie schwer es ist, mit all dem Schmerz in der Welt umzugehen, ohne selbst daran zu zerbrechen. Die Frage beschäftigt mich immer wieder: Wie kann ich mit der Welt in Verbindung bleiben, ohne dabei zu leiden oder mich dabei selbst zu verlieren?

Für mich liegt eine Möglichkeit im Mitgefühl – nicht im Mitleiden. Der feine, aber entscheidende Unterschied: Mitleid bedeutet, den Schmerz der anderen zu übernehmen, was letztlich niemandem hilft. Mitgefühl hingegen erkennt das Leid, öffnet das Herz – und sieht darin auch die Möglichkeit zum liebevollen Handeln.

Was mir dabei hilft, ist eine einfache Mitgefühlspraxis, wie wir sie aus der Achtsamkeit kennen: In der Stille spreche ich innerlich liebevolle Wünsche an die leidenden Menschen aus: «Möget ihr in Frieden leben.» Dann weite ich diesen Wunsch auf alle Menschen aus – und schliesse zum Schluss auch mich selbst mit ein: «Möge ich in Frieden leben.»

Im christlichen Kontext mag diese Übung an ein Gebet erinnern – in der Achtsamkeitsphilosophie ist sie ein stiller Ausdruck der Verbundenheit. Wenn mir manchmal die Welt zu gross erscheint, beginne ich im Kleinen: indem ich jemandem zuhöre, tröstende Worte finde oder sogar eine Spende tätige.

Wir können nicht die ganze Welt retten. Aber wir können der Welt – und uns selbst – immer wieder mit einem offenen Herzen begegnen. Heute. Genau jetzt.

«Tipp zum Alltag». Hier schreiben Dozenten des CAS-Studienlehrgangs Achtsamkeit in Lenzburg jeweils in der letzten Ausgabe des Monats über psychologische Aspekte im Alltag. Die Autoren wechseln sich ab.

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