Mit Genuss ins Mittelalter eintauchen
Museum Aargau «Gaumenfreuden» heisst das Jahresmotto von Museum Aargau mit seinen Schlössern Hallwyl, Lenzburg und Wildegg. Nun wurde das zugehörige Mittelalter-Kochbuch «Von birn und mandelkern» lanciert.
Erstmals in seiner Geschichte hat das Museum Aargau ein Kochbuch herausgegeben. Ebenso aussergewöhnlich wie der Inhalt war der Ort der Präsentation: «Von birn und mandelkern» wurde von Museum-Aargau-Direktor Marco Castellaneta und Projektleiterin Angela Dettling in der Hotelfachschule Belvoirpark in Zürich feierlich enthüllt.
Die Exkursion in die grosse Stadt sollte zum Ersten dazu beitragen, die nationale Ausstrahlung des Werks zu erhöhen und zum anderen sollte in der modernen Küche des «Belvoirpark» demonstriert werden, dass die Rezepte aus dem Mittelalter spielend in der Gegenwart nachgekocht werden können. Obwohl die eigentlichen Kochanleitungen nur 72 der total 160 Seiten belegen, ist für Castellaneta klar: «Die Originalrezepte aus dem Mittelalter spielen bei uns die Hauptrolle.»
Im Vorwort und in den einleitenden Kapiteln wird die Geschichte rund um das Buch, das Kochen im Mittelalter und die damals üblichen Zutaten erzählt. Im Mittelalter gab es noch keine Kartoffeln und Tomaten, dafür Südfrüchte und Gewürze wie Safran.
Für Angela Dettling, die Leiterin Geschichtsvermittlung im Museum Aargau und selbst passionierte Hobbyköchin, ist das zum Jahresmotto passende Kochbuch das Ergebnis einer langen Tradition. «Seit 20 bis 25 Jahren, also vor meiner Zeit, wurde auf Schloss Lenzburg schon regelmässig gekocht.»
Das Verdienst der Freiwilligen
Mit der Zeit wurde die Kunst des historischen Kochens am Originalschauplatz stetig verfeinert. Jährlicher Höhepunkt ist jeweils der Mittelaltermarkt Mitte September, an dem Museums-Freiwillige für die mehrere tausend Besucher verschiedene Speisen brutzeln.
Die 36 Rezepte im Kochbuch stammen aus museumseigenen, aber auch aus etlichen externen und ausländischen Quellen. Die Freiwilligen haben die Speisen x-fach nachgekocht und die Anleitungen mit Anmerkungen versehen, etwa wie etwas den heutigen Gaumen mehr Freude bereiten kann. Nicht zuletzt dieser Akribie ist die lange Entstehungsgeschichte geschuldet. Dettling: «Vor der ersten Idee bis zur Erscheinung des Buches verstrichen rund fünf Jahre.»
Adaption durch Spitzenkoch
In der Hotelfachschule konnten die Gäste gleich selbst Hand anlegen und mithelfen, ein mittelalterliches Menü mit Peterlistrauben (Tätschli), Huhn an Zitrone und Apfelmus mit Mandelmilch zuzubereiten.
Mit von der Partie war der junge Aargauer Spitzenkoch André Kneubühler («marmite youngster 2019»). Mutig gestand er an der Kochbuch-Vernissage: «Ich koche nicht gern nach Rezept, lasse mich aber inspirieren.» Dies geschah auch hier: Er interpretierte das Zitronenhuhn modern als Sous-vide-Gericht (36 Minuten bei 63 Grad Celsius) mit Zitronenschaum und einer mit Papaya-Würfeln angereicherten Relish.
«Von birn und mandelkern». Kochbuch. 160 Seiten, gebunden, rund 63 Abbildungen, 15 mal 24 Zentimeter. Herausgeber Museum Aargau, Verlag Hier und Jetzt, Baden. Im Buchhandel und in den Museumsshops des Museum Aargau für 29 Franken erhältlich.
Videos mit Rezepten
Plattform Das Museum Aargau hat ergänzend zum eigenen Mittelalter-Kochbuch auch eine Online-Koch-Plattform mit Rezepten aus der Antike, dem Mittelalter, Barock und der Neuzeit lanciert. Angela Dettling, Leiterin Geschichtsvermittlung von Museum Aargau, präsentiert in historischem Ambiente Gerichte aus 2000 Jahren zum Nachkochen. Gedreht wurde in den Schlössern Lenzburg, Wildegg und Hallwyl und auf dem Legionärspfad Vindonissa. Die Rezepte sind auf Youtube sowie auf der neuen Online-Koch-Plattform des Museum Aargau zu finden. Die Plattform wird laufend mit neuen Rezepten ergänzt. (pd/ma)