Graffiti Mystica-Art: Vielseitig in der Kunst und beim Helfen
Tennwil Seit einigen Monaten wohnt der Graffiti-Künstler Raphael Fahrni in Tennwil. Er arbeitet nach Aufträgen international und gibt leidenschaftlich gern verschiedene Workshops. Eine Herzensangelegenheit ist es für den Künstler, jenen zu helfen, denen es nicht so gut geht.
Gleich zu Beginn lädt Raphael Fahrni dazu ein, einen Blick in sein Atelier zu werfen. Neugierig schauen zwei kleine Kätzchen um die Ecke. Doch schon bald ist ihr Futter spannender – Farbtheorie ist einfach nicht ihr Ding. Der Blick des Besuchenden fällt inzwischen auf farbenfrohe Graffiti, es riecht nach Farbe, an den Wänden stapeln sich Körbe mit Spraydosen. Weiter geht es in den weitläufigen Garten mit vielen Obstbäumen und Blick auf den Hallwilersee. «Ich bin seit wenigen Tagen zurück von einer Reise nach Bosnien und Serbien», erzählt Fahrni mit einem Glas Wasser in der Hand. Reisen, Kunst, Geschichte und Sprachen faszinieren ihn.
Einen grossen Raum nehmen natürlich Graffiti ein. «Da finde ich den 80s-Subways- oder New-York-City-Style besonders cool», macht er deutlich. «Die grellen Farben und Effekte, dazu viel Kontrast, das hallt nach.» Überhaupt sei es spannend, wie innerhalb kürzester Zeit mit den Spraydosen ein Kunstwerk mit grosser Wirkkraft entstehen könne. Ebenso schnell könne es wieder verschwinden: «Kaum ist ein Werk an der Wand, kann es auch wieder übermalt werden – es ist eine schnelllebige Kunst», sagt er ganz pragmatisch.
Aus der Leidenschaft einen Beruf machen
Seine Begeisterung fürs Sprayen entdeckte er in seiner Jugend, als ihn Kollegen aus der Hip-Hop-Szene mitnahmen. «Und es hat mich nicht mehr losgelassen», sagt Raphael Fahrni, der in Büttikon und Wohlen aufwuchs, lachend. Aus der Leidenschaft hat sich für ihn schon seit einer ganzen Weile sein Beruf entwickelt. «Es begann damit, legale Wände zu organisieren. Mit der Zeit gab es Aufträge, und diese sind inzwischen wirklich vielfältig», führt er aus. «Vom Garagentor bis zum Feuerwehrstützpunkt ist vieles dabei.» Mittlerweile sprayt er nicht nur, Airbrush gehört ebenfalls zu seinem Technikrepertoire. Auf seiner Webseite Mystica-Art sind einige Beispiele seiner Arbeiten zu entdecken. Auf einem Bild faucht ein geduckter Leopard im Unterholz liegend den Betrachtenden an. Ein anderes zeigt ein spannendes Graffiti-Kunstwerk in Orangetönen mit grünen Blättern dazwischen an einer Wohnungswand. Ausserdem sind in der Galerie filigrane Airbrush-Bilder beispielsweise auf Motorradhelmen und Karosserien zu finden.
Doch Raphael Fahrni übernimmt nicht nur Auftragsarbeiten, er bietet zudem Workshops an: «Das hat sich vor etwa 15 Jahren entwickelt. Damals wurde ich für eine Projektwoche von der Berufswahlschule Aarau angefragt. Das Konzept gefiel mir so gut, das habe ich mit den Jahren immer weiter entwickelt.» Auch hier ist er vielseitig, der Graffiti-Artist ermöglicht Einzelevents, Kindergeburtstage oder Firmenevents. Besondere Freude mache ihm, Workshops im Rahmen von Kunsttherapie zu organisieren, erzählt er. Diejenigen zu unterstützen, denen es nicht so gut geht, sei ihm eine Herzensangelegenheit. Mit seinem Hilfswerk, welches er nach seiner Mutter «Mama Anita Charity» benannt hat, unterstützte er im beispielsweise in Togo vor einigen Jahren Projekte. Dabei wurden Spielplätze eingerichtet und Sachspenden gesammelt. Zudem ist er aktuell in Teilzeit in der Jugendarbeit beschäftigt und engagiert sich insgesamt gern für Hilfsbedürftige. «Wenn sich Unterstützung noch dazu mit Kunst und Kultur verbinden lässt, bin ich gern dabei», unterstreicht er sein Anliegen. Passend zum neuen Wohnort plant er für Ende September eine kleine Ausstellung, um sich und sein künstlerisches Schaffen vorzustellen. «Da wird es nicht nur Graffiti zu sehen geben», informiert er gut gelaunt, «ich probiere gern andere Kunstrichtungen aus. Etwa Skulpturen aus Stein, sie sind auch etwas langlebiger als Graffiti.» Für ihn sei es einfach wichtig, als Künstler offen zu bleiben und Visionen umzusetzen. Eine davon: eines Tages eine Graffiti-School aufzubauen.