«Für Entwarnung beim Energiesparen ist es noch zu früh»
Lenzburg An einem Podiumsgespräch am «Thementag rund um Energie» des Museums Burghalde sprachen Experten über «Ressourcenmangel – früher und heute». Sie vertrauen auf die Innovationskraft der Gesellschaft.

Das Thema Mangellage, gerade im Hinblick auf die Energie im nächsten Winter, war topaktuell. Moderatorin Jeanine Glarner, Gemeindeammann von Möriken-Wildegg, wies einleitend darauf hin, dass nach 80 Jahren «wieder eine Rationierung im Gespräch» sei.
Der Titel des Podiums hiess zwar «Ressourcenmangel – früher und heute», doch dominierten zwangsläufig Gegenwart und Zukunft. «Heute kennen viele Leute keine Mangelsituation», hielt etwa Michael Knabe, Sicherheitsbeauftragter Elektro der Swisscom, fest. Als jemand, der einst sechs Wochen in einem buddhistischen Kloster gelebt hatte, empfahl er allen Zuhörern die Frage: «Braucht es dies wirklich?»
«Auf dem falschen Fuss erwischt»
Doch Verzicht kennt man in der aktuellen Gesellschaft kaum mehr. Zu überraschend kamen Pandemie, Krieg und damit verbunden die Energiekrise. «Viele haben dies noch nie erlebt, auch nie daran gedacht. Auch wir wurden völlig auf dem falschen Fuss erwischt», so Ruedi Zurbrügg, der Geschäftsleiter des Verbandes Aargauischer Stromversorger.
Konkreter auf die Region bezogen wurde Markus Blättler, der Geschäftsführer der SWL Energie AG, gefragt, ob sein Betrieb vorbereitet ist auf den Winter. Blättler blickte zuerst in die jüngere Vergangenheit: In den letzten zehn Jahren habe man das System der Energiebeschaffung im Rahmen der Marktliberalisierung «komplett umgestellt», doch nun ergab sich ein Problem: «Die Strompreise gingen ab wie eine Rakete.» Eine Lehre aus dem Schlamassel könnte sein, dass «die Systeme wieder autonomer werden sollten».
Alle Experten machten keinen Hehl aus der Furcht vor temporären Stromabschaltungen. Obwohl die Swisscom über entsprechende Notstromgruppen verfügt und dafür laut Knabe 1,8 Millionen Liter Diesel eingebunkert hat, wird das Mobilfunknetz nach rund einer Stunde den Geist aufgeben: «Eine Abschaltung würde der Swisscom und der gesamten Wirtschaft das Genick brechen», so der Swisscom-Sicherheitschef.
Innovationen bei Notlagen
Um solch drastische Massnahmen zu verhindern, lautet das Gebot der Stunde Energiesparen. Meldungen über eine mögliche Entspannung der Situation werten die Podiumsteilnehmer mit Vorsicht. Markus Blättler: «Das Wetter im Winter ist entscheidend. Ich finde es zu früh für Entwarnung beim Energiesparen und empfehle, die Sparappelle weiter ernst zu nehmen.»
Man dürfe sich jedoch «nicht verrückt machen lassen», warnte Ruedi Zurbrügg. Vielleicht müsse man einfach zur Kenntnis nehmen, dass «der Strom lange zu billig» war.
Mittelfristig machte der SWL-Direktor den Zuhörern etwas Mut: «Gerade die Schweiz hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie aus Notlagen mit Innovationen herausfand», so Blättler.