Fledermausmann aus Leidenschaft

Josef Betschmann aus Hunzenschwil betreut seit dreissig Jahren die Fledermauskolonie im Dachstock der Kirche Veltheim-Oberflachs. Kürzlich stand bei ihm die alljährliche «Putzete» an. Keine schöne Arbeit, trotzdem kommt der 67-Jährige ins Schwärmen.

Hat ein Herz für Tiere: Josef Betschmann betreut die Fledermauskolonie in der Kirche Veltheim. Foto: MS

Hat ein Herz für Tiere: Josef Betschmann betreut die Fledermauskolonie in der Kirche Veltheim. Foto: MS

Einmal im Jahr ist Reinemachen im Dachstock der Kirche Veltheim: Fünf 35-Liter-Kehrichtsäcke voll mit Fledermaus-Dung kommen da zusammen. Foto: MS

Einmal im Jahr ist Reinemachen im Dachstock der Kirche Veltheim: Fünf 35-Liter-Kehrichtsäcke voll mit Fledermaus-Dung kommen da zusammen. Foto: MS

Ende März kommen sie wieder: Mausohren im Dachstock der Kirche Veltheim. Foto: oekovision Gmbh, Widen

Ende März kommen sie wieder: Mausohren im Dachstock der Kirche Veltheim. Foto: oekovision Gmbh, Widen

Draussen ist helllichter Tag. Hier drinnen brauchen die Augen eine Weile, bis sie sich an das dämmerige Licht gewöhnt haben. Im Dachstock des Hauptschiffes der Kirche in Veltheim ist es still. Die Bewohner – über 1000 Mausohren – sind im Spätherbst in ihre Winterquartiere in Höhlen und Kellern ausgeflogen. Zu kalt, aber vor allem zu wenig feucht ist es im Dachstock für die Tiere im Winter. Denn Fledermäuse sind für den Winterschlaf auf Feuchtigkeit in der Luft angewiesen, damit sie ihren Schlaf nicht zum Trinken unterbrechen müssen.

Geblieben ist der beissende, süss-säuerliche Gestank ihrer Fäkalien. Für Josef Betschmann – im Dorf auch bekannt als Fledermaus-Sepp – ein gutes olfaktorisches Erlebnis. «Ich brauche den Geruch mittlerweile», entgegnet er schmunzelnd auf das Nasenrümpfen der Journalistin und nimmt Besen, Schaufel und Abfallsack zur Hand. «Da oben an den Dachbalken hängen sie bald wieder.» Die Vorfreude auf die Rückkehr seiner Schützlinge steht dem Veltheimer Fledermausbetreuer aus Hunzenschwil ins Gesicht geschrieben.

Ideale Bedingungen

Die Mausohrkolonie im Veltheimer Kirchendachstock – eine der schweizweit grössten Wochenstubenkolonien der stark gefährdeten Fledermausart – betreut Betschmann nunmehr seit dreissig Jahren zusammen mit Mitbetreuer Arthur Ingold aus Berikon. Der Dachstock in der Veltheimer Kirche bietet ideale Bedingungen für die Fledermäuse: unbehandelte Holzbalken, kein Durchzug und wenig Licht. Ausserdem sparen die Fledermausmütter dank der im Sommer gestauten Wärme im Raum Energie für die Jungenaufzucht.

Wenn die Tiere im März zurückkehren, schauen die beiden Betreuer wieder regelmässig nach dem Rechten. «Einmal pro Monat zählen wir die Tiere bei Dämmerungseinbruch, wenn sie ausfliegen, und notieren die Ergebnisse für die Auswertung Ende Jahr.» Vergangenes Jahr zählte die Veltheimer Mausohrenkolonie rund 1100 Tiere. Betschmann hofft für dieses Jahr insgeheim auf Zuwachs. Auch deshalb, weil die Fledermausart stark gefährdet ist. Während vor fünfzig Jahren fast in jedem Kirchendachstock Fledermäuse heimisch waren, gibt es heute schweizweit lediglich noch etwas mehr als hundert Wochenstubenkolonien des grossen Maus- ohrs. Die übrig gebliebenen Tiere fressen viele Insekten und tragen damit massgeblich zum ökologischen Gleichgewicht bei.

Stolze Veltheimer

«Die Fledermaus ist ein faszinierendes Tier», schwärmt der selbst ernannte Fledermausmann, während er seine Schaufel über den mit Plastik ausgelegten Dachstockboden gleiten und danach den Inhalt in den Kehrichtsack verschwinden lässt. «Eines der wenigen immer noch geheimnisvollen Urtiere, die mitten unter uns im Dorf wohnen.» Die Veltheimer seien stolz auf ihre grosse Fledermauskolonie mitten im Dorf, weiss Betschmann. Wer im Sommer in Veltheim einen Abendspaziergang macht, trifft mit Sicherheit auf die faszinierenden Nachtkobolde, verspricht er. Wer die Tiere aus nächster Nähe sehen möchte, hat die Möglichkeit, bei einer abendlichen Zählung dabei zu sein. Josef Betschmann gibt Interessierten einen Einblick in die Welt der Veltheimer Fledermäuse. «Bei den Fledermäusen sind noch längst nicht alle Geheimnisse gelüftet», macht er gluschtig.

Die Leidenschaft für die geflügelten Säugetiere packte Betschmann in den 80er-Jahren, während er sich noch neben seinem Hauptberuf in der Milchwirtschaft um eine weitaus kleinere Kolonie in einem Privatdachstock kümmerte. Mittlerweile ist der 67-Jährige pensioniert und hat viel Zeit für sein grosses Hobby. Auch «der Schnauf» reiche noch. Er könne sich noch gut zehn weitere Jahre als Betreuer vorstellen und er verrät: «Freiwillig gebe ich das Amt nicht mehr her. Ich bin stolz auf die grosse Kolonie.» Hergeben tut Betschmann hingegen die fünf prall gefüllten 35-Liter-Kehrichtsäcke voll mit Fledermaus-Dung. «Das ist I-a-Dünger. Ich habe viele dankbare Abnehmer dafür.»

Kontakt von Josef Betschmann für Fledermausinteressierte:hilda.peter63gmail.com

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