Erfolgreicher Kampf gegen Neophyten
Lenzburg Springkraut, Goldrute, Japanischer Knöterich, Berufkraut – allesamt invasive Neophyten, die vom Natur- und Vogelschutzverein Lenzburg in Zusammenarbeit mit der Stadt erfolgreich seit einem Jahrzehnt bekämpft werden. Damit die unerwünschten Pflanzen weiterhin unter Kontrolle bleiben, finden dieses Jahr zehn Neophyten-Aktionstage statt.
Am frühen Samstagmorgen versammelten sich rund 25 Personen bei der Eulenhütte – bewaffnet mit Handschuhen, Jäthackern und Wurzelstechern. «Toll, dass so viele gekommen sind», begrüsste Förster und Geschäftsführer der Lenzburger Natur- und Landschaftskommission Markus Dietiker die bunt gemischte Truppe.
Rund 1100 Hektaren Wald gebe es im Lenzburger Forstrevier – eine Fläche vergleichbar mit dem Hallwilersee. Dank dem unermüdlichen Einsatz zahlreicher Akteure und in Zusammenarbeit mit dem Natur- und Vogelschutzverein konnte die Ausbreitung der Neophyten auf diesem grossen Gebiet in den letzten zehn Jahren eingedämmt werden. «2013 haben wir als eine der ersten Forstbetriebe das Neophyten-Projekt gestartet – und dank dem grossartigen Einsatz aller konnten wir bisher tolle Erfolge verzeichnen», fasst Dietiker zusammen. Er sei froh, dass an diesem Morgen so viele Helfer gekommen seien, denn es gebe trotzdem noch viel zu tun – die Neophytensaison ist in vollem Gang, Springkraut, Goldrute und Berufkraut wuchern bereits wieder. «Neophyten sind robust. Sie haben keine natürlichen Feinde und können sich quasi ungehindert verbreiten», so Dietiker. In insgesamt fünf Gruppen schwärmten die Teilnehmer in alle Richtungen des Lenzburger Walds aus und sammelten von Hand während mehrerer Stunden einige Kilo Neophyten.
Unermüdlicher Einsatz
Unter den zahlreichen Helfern an diesem Samstagmorgen waren auch Rosmarie und Alexander Hochstrasser anzutreffen. Das pensionierte Ehepaar aus Staufen ist Ehrenmitglied im Natur- und Vogelschutzverein und seit der ersten Stunde mit dabei in der Neophytenbekämpfung. Im Lenzburger Wald haben die beiden gemeinsam schon tonnenweise Neophyten ausgerissen, jährlich kommen sie auf 200 bis 300 ehrenamtliche Arbeitsstunden. Unterwegs sind sie überall dort, wo die fremden Pflanzen wuchern: Am Waldwegrand, in Böschungen und Lichtungen, querbeet ein. Immer mit dabei: ein Entsorgungs-Säckli. «Beim Einjährigen Berufkraut ist es wichtig, dieses samt Wurzel auszureissen und im Kehricht zu entsorgen», weiss Rosmarie Hochstrasser.
Auch an Hitzetagen trägt sie lange Hosen, ein ausrangiertes langärmliges Militär-Hemd, geschlossene Schuhe und einen Hut, um sich vor Zecken und Dornen zu schützen. Gemeinsam mit ihrem Mann kämpft sie sich seit über zehn Jahren durch das Dickicht des Lenzburger Waldes, um die invasiven Neophyten an ihrer Ausbreitung zu hindern. Ans Aufhören denken die beiden noch lange nicht. «So- lange wir können, werden wir weitermachen», sagt sie. Dann bleibt ihr Blick an einem Berufkraut hängen, das sie sofort ausreisst.
Immer wieder Pflanzen beseitigen, die im Nu wieder wuchern – ist das nicht eine frustrierende Sisyphusarbeit? Rosmarie Hochstrasser winkt ab. Es bereite ihr Freude, wenn sich einheimische Pflanzen wieder behaupten können. Und: «Die Arbeit ist sinnvoll und macht uns Spass.»
Problem für Artenvielfalt
Invasive Neophyten sind Pflanzen, die ihren Ursprung in einem anderen Land haben, sich aber nach deren Einschleppung erfolgreich hierzulande etablieren. Das Einjährige Berufkraut, das trotz seines Namens mehrjährig ist, gehört ebenfalls dazu und verbreitet sich äusserst erfolgreich. Auch im Lenzburger Wald, wo es überwiegend an den Waldwegrändern wuchert. Weitere problematische Neophyten im Lenzburger Wald sind die Kanadische Goldrute, der Japanische Knöterich und das Drüsige Springkraut.
«Die meisten Neophyten sind für die Artenvielfalt kein Problem. Einige Arten aber – die invasiven Neophyten – vermehren sich sehr stark und überwuchern in rasantem Tempo ganze Flächen. Dadurch bedrängen sie die einheimischen Arten», erklärt Dietiker.
Seit Jahrzehnten kämpfen im Lenzburger Wald unzählige Akteure mit zahlreichen Feldeinsätzen gegen die invasiven Neophyten. «Dem langjährigen, unermüdlichen und insbesondere erfolgreichen Einsatz der vielen Helfer gebührt grosser Respekt und Dankbarkeit», fasst Vizeammann und Ressortvorsteher Forst Andreas Schmid zusammen.
Sportvereine helfen mit
In Lenzburg ist es Tradition, dass die Sportvereine die Freizeitinfrastruktur der Stadt für ihren Vereinsbetrieb unentgeltlich nutzen können. Im Gegenzug leisteten die Sportvereine koordiniert über die Interessengemeinschaft Lenzburger Sportvereine (IGLS) bis anhin anlässlich eines Arbeitstags einen Einsatz zur Instandhaltung des Vita-Parcours. «Die Erfahrung hat gezeigt, dass es immer schwieriger wird, aus allen Vereinen Freiwillige zu finden, die an diesem einen Tag einen Einsatz leisten können. Deshalb haben wir die Mitglieder der Lenzburger Sportvereine eingeladen, an einer von zehn Neophytenbekämpfungsaktionen teilzunehmen», so Schmid.
Mit diesem Schritt verzichte man bewusst auf eine Nennung einer Mindestanzahl von Helfern und hoffe auf zahlreiche Unterstützer und Helfer bei dieser wertvollen Sache zugunsten der heimischen Flora und Fauna.
Bisher fanden sechs Aktionstage statt – das Projekt sei gut angelaufen. Den grössten Anteil mit gut einem Drittel mache bisher die Frauenfitnessgruppe aus. «Ich bedanke mich bereits bei allen, die an den Aktionstagen mithelfen, und lade alle anderen dazu ein, sich für einen der noch anstehenden Termine anzumelden – ob für einen Sportverein oder nicht.» .
Gratisentsorgung mit speziellen Kehrichtsäcken
Ab sofort kann die Aargauer Bevölkerung bei den Gemeinden Neophytensäcke zur Gratisentsorgung von invasiven Neophyten beziehen. Damit will der Kanton Aargau die Bekämpfung von Neophyten verstärken. Die Säcke können kostenlos beim Werkhof und der Abteilung Tiefbau und Verkehr (Empfang Försterhaus 1. Stock, Kronenplatz 24) bezogen werden. Entsorgt werden die Säcke mit der Kehrichtabfuhr. Sie können an den gleichen Orten deponiert werden wie der Hauskehricht. (rsc)