Die Dernière naht – «Adieu» BBZ

Niederlenz 112 Jahre Geschichte gehen dem Ende zu. Noch bis und mit am 13. Juli ist das Berufsbildungszentrum BBZ geöffnet, die treue Mitarbeiter-Crew sagt jetzt mit einer Dernière «Adieu».

<em>Alles blüht: </em>In den Gewächshäusern des BBZ deutet kaum etwas auf das nahende Ende zu. Alle packen noch bis zum Schluss voll mit an. Im Bild Schulleiterin Brigitte Vogel (li) und angehender Zierpflanzengärtner im dritten Lehrjahr Dalib. F
<em>Alles blüht: </em>In den Gewächshäusern des BBZ deutet kaum etwas auf das nahende Ende zu. Alle packen noch bis zum Schluss voll mit an. Im Bild Schulleiterin Brigitte Vogel (li) und angehender Zierpflanzengärtner im dritten Lehrjahr Dalib. Foto: Melanie Solloso

Alles muss weg, von der 80-jährigen Kübelpflanze über den Teekrug, die Giesskanne bis zum Fadenspülchen im Atelier. Das Berufsbildungszentrum BBZ Niederlenz ruft am 26. und 27. Mai zur Dernière. «Was noch brauchbar ist, soll auch weiterhin gebraucht werden», findet Brigitte Vogel, Schulleiterin und Vorsitzende der Geschäftsleitung. Bei dem Anlass geht es aber nicht nur um die Veräusserung von Material und Pflanzen, sondern auch darum, «Adieu» zu sagen.

Wie der Abschied aussehen soll, damit taten sich die BBZ-Verantwortlichen schwer. Schlussendlich wird es nun eine Art «Tage der letzten offenen Tür» ohne Rahmenprogramm. «Es ist ein trauriger Moment. Wir wollen keine grossen Worte verlieren», erklärt Brigitte Vogel. Ihre Verbundenheit mit dem BBZ reicht 32 Jahre zurück, sie hat bereits ihre Lehre dort absolviert, seit 13 Jahren hat sie die Schulleitung inne. Die 49-Jährige hat sich bereits vor der Dernière ein Souvenir gesichert. Den Gong des Wohnheims für die Lernenden. Damit wurde sie drei Jahre lang frühmorgens geweckt. Brigitte Vogel lächelt verschmitzt: «Da kommen Erinnerungen an die Lehrzeit auf – schöne Erinnerungen.»

Die verbleibenden 14 von ursprünglich 19 Mitarbeitern hatten nun zwei Jahre Zeit, innerlich mit der Schliessung des 112-jährigen Betriebs Frieden zu schliessen und sich emotional darauf vorzubereiten.

Im August 2016 beschloss der Schweizerische Gemeinnützige Frauenverein an einer ausserordentlichen Generalversammlung, die Trägerschaft für die Werke Niederlenz aus wirtschaftlichen Gründen aufzulösen. Ein Jahr zuvor trug der Kanton mit dem Entscheid, den Schulbetrieb im BBZ einzustellen, das Seinige zur Schliessung bei.

Nicht nachtragend, aber enttäuscht

 

«Nachtragend zu sein, wäre fehl am Platz», sagt Brigitte Vogel, «aber wir sind enttäuscht, dass es so weit gekommen ist. Mit der Schliessung gehen attraktive und gute Lehrstellen für junge Leute verloren. Im BBZ erhielten auch Lernende mit speziellen Bedürfnissen eine Chance.»

Die 22 Lernenden in der Gärtnerei, bei ModeElle und im Blumenladen haben mittlerweile laut Brigitte Vogel allesamt Anschlusslösungen gefunden. Den Lernenden bis zum Schluss eine gute Ausbildung zu ermöglichen, ist der Schulleiterin ein grosses Anliegen. Sie sollen von der baldigen Schliessung möglichst wenig merken.

Wenn man derzeit durch die Treibhäuser des BBZ spaziert, merkt man kaum etwas vom nahenden Ende. Alles blüht und grünt. Noch bis und mit am Freitag, 13. Juli, läuft der Betrieb. Danach ist Schluss. Bis dahin gilt: «Was produziert wurde, wird auch verkauft.»

Ein «letztes Mal»

 

Bereits kurz nach dem Schliessungsentscheid wurde die Produktionsplanung für das Atelier, die Gärtnerei und die Unterhaltsarbeiten angepasst und aufs Wesentliche beschränkt. Beispielsweise wurden weniger Kleideraufträge angenommen, das Schnittblumenangebot reduziert und weniger Kübelpflanzen überwintert. Auch Schnupperlehren wurden aus dem Angebot gestrichen. An einigen Dingen hielt das BBZ jedoch fest: Nach wie vor ist das Berufsbildungszentrum allwöchentlich mit einem Stand am Wochenmarkt präsent und auch die Kornblumen für das Jugendfest kommen 2018 ein letztes Mal vom BBZ und von der Gärtnerei Vogel.

 

«Schön isch es gsi»

Das letztes Mal Kornblumen fürs Jugendfest anpflanzen, die letzte Ernte, der letzte Markttag – in allem schwingt derzeit im BBZ Wehmut mit. «Alles, was man weggibt. Da hängt auch ein Stück Herz dran», sagt Brigitte Vogel. Die Stimmung im Arbeitsalltag gut zu behalten, dass die Kunden vom nahenden Ende wenig mitbekommen, sei denn auch die grosse Herausforderung derzeit, sagt Brigitte Vogel. Die Mitarbeiter wüssten sich jedoch zu helfen: «Ein bisschen Galgenhumor nimmt die Schwere ein Stück weit.» Auch helfe es, dass man ob der vielen Arbeit kaum zum Nachdenken komme.

Die Tage bis Schluss, an dem Brigitte Vogel den Schlüssel abgeben muss, hat sie nicht gezählt; den verdrängt sie. «Es ist schwierig, sich das vorzustellen. An diesem Ort hängt so viel Herzblut, und man hat so viele schöne Erinnerungen.» Diese werden dereinst das sein, was bleibt, und für viele der Gedanke: «Schön isch es gsi.»

Dernière: Samstag/Sonntag, 26./27. Mai, 10–16 Uhr, BBZ, Hauptstrasse 2, Niederlenz.

Weitere Artikel zu «Im Gespräch», die sie interessieren könnten

Im Gespräch07.05.2025

Einpflanzen mit Plan

Die Gärtnereien locken im Frühling mit prachtvollen Sträuchern, Bäumen und Blumen. Da fällt es schwer, nicht direkt zuzugreifen. Doch bevor neue Pflanzen im…

Im Gespräch07.05.2025

Zwischen Zug und Zwang – wie Vaping den Alltag vernebelt

Region Vaping ist das neue Rauchen. Doch was aussieht wie harmlose Fruchtstifte, enthält oft Nikotin und macht süchtig. Immer mehr Jugendliche…
Im Gespräch01.05.2025

Drei renommierte Forschungspreise für Lenzburger Professorin

Lenzburg Die Professorin Sandra Luber wohnt in Lenzburg und arbeitet an der Universität Zürich. Ihr Fachgebiet ist die Modellierung von chemischen…