«Das perfekte Dinner» in Lenzburg

Gastronomie Für 96 angehende Köche wurde es vergangene Woche ernst: Sie legten im Bildungszentrum von GastroAargau in Lenzburg ihre praktische Abschlussprüfung ab.

Jeder Handgriff sitzt: Während rund acht Stunden gilt es am Prüfungstag, das perfekte Fünf-Gänge-Menü zu kochen.Foto: zvg

Jeder Handgriff sitzt: Während rund acht Stunden gilt es am Prüfungstag, das perfekte Fünf-Gänge-Menü zu kochen.Foto: zvg

Die Experten: Silvan Sprecher, Urs Kohler, Melanie Wernle und Dimitri Fink.Foto: Romi Schmid

Die Experten: Silvan Sprecher, Urs Kohler, Melanie Wernle und Dimitri Fink.Foto: Romi Schmid

Es ist angerichtet: Die Kandidaten präsentieren ihre Nachspeisen.Foto: Romi Schmid

Es ist angerichtet: Die Kandidaten präsentieren ihre Nachspeisen.Foto: Romi Schmid

In der Küche vom Ausbildungszentrum von GastroAargau wird gekocht. Apfel-Linsen-Salat mit Ziegenfrischkäse zur Vorspeise, Tomatenessenz mit Basilikum-Quenelles danach, gefolgt von sautierter Forelle und frittiertem Lachs an Olivensauce. Im Hauptgang wird ein zartes Masthuhn in Rotwein-Griessnocken serviert, den Abschluss macht ein Rahmgefrorenes mit Haselnüssen. Insgesamt zwölf angehende Köche und sechs Küchenangestellte sind an diesem Tag bei der Arbeit. Draussen, im Restaurant Bellavista, warten die Experten und Testesser aus den Lehrbetrieben mit Spannung auf die Speisen.

Neuer Hauptsitz auf dem Hero-Areal

Am Hauptsitz von GastroAargau auf dem ehemaligen Hero-Areal, dem heutigen Quartier «Im Lenz», befindet sich seit 2020 auf drei Etagen das neue Bildungszentrum von GastroAargau mit rund 1200 Quadratmetern Fläche. Im Ausbildungszentrum werden sowohl die überbetrieblichen Kurse als auch die Qualifikationsverfahren für angehende Köche und Restaurantfachleute angeboten. Insgesamt fünf Wochen ihrer dreijährigen Lehre verbringen die Lernenden hier. Zuvor war das Ausbildungszentrum knapp 30 Jahre lang in der «Bau- und Wirtefachschule» in Unterentfelden untergebracht.

Acht Stunden, fünf Gänge

Acht Stunden hat der Gastro-Nachwuchs im Rahmen der praktischen Abschlussprüfung Zeit, um ein perfektes Fünf-Gänge-Menü zuzubereiten. In der Küche herrscht deshalb seit dem frühen Morgen reger Betrieb. Gemüse wird geschnitten, Teig geknetet und eifrig Saucen hergestellt. Für ihr Menü haben die Auszubildenden einen Warenkorb zur Verfügung. Die Zutaten darin müssen sie verwenden – in diesem Jahr sind das zum Beispiel Saibling, Salatgurke, Rindshuftdeckel und Randen. «Der Warenkorb ist keine Überraschung, die Lernenden durften in den Wochen und Monaten zuvor üben», erklärt Urs Kohler, Chefexperte und Direktor von GastroAargau. «Es dürfen nur diejenigen Zutaten verwendet werden, die auf den Listen stehen – alles andere wird weggenommen und gibt sogar Abzüge in der Wertung», ergänzt er.

Dieses Jahr absolvieren 96 Kochlernende aus dem Kanton Aargau im Alter von 18 bis 50 Jahren sowie 17 Küchenangestellte ihre praktischen Prüfungen. «Es macht mich stolz, dass wir insgesamt auch vier Repetenten ermutigen konnten, noch einmal einen Anlauf zu nehmen», so Urs Kohler.

An diesem Dienstag kochen zwölf Kochlernende ihr Abschlussmenü. Bewertet werden sie von 13 Experten. An insgesamt elf Prüfungstagen legen alle 96 Kochlernenden, davon rund 4o Prozent Frauen und 60 Prozent Männer, ihre praktischen Prüfungen hier in Lenzburg, hoch über den Dächern der Stadt, ab. Unter dem kritischen Blick von Chefexperten und Gästen fünf Gänge zu präsentieren – und das unter Einhaltung eines exakt vorgegebenen und straffen Zeitplans –, ist eine besondere Herausforderung für die Kandidaten. Auch wenn am Ende alles fehlerfrei funktionierte, liess sich die Aufregung der Prüflinge doch vielfach an den zitternden Fingern ablesen. Neben dem Geschmack der Speisen fliessen in die Bewertungskriterien für die Abschlussprüfung auch Sauberkeit am Arbeitsplatz, handwerkliches Geschick, Timing und die Präsentation in die Beurteilung ein.

Berufsbild verändert sich

Die Gastrobranche ist nicht mehr diejenige, die sie vor Corona war. Wie in fast allen Branchen ist es schwierig geworden, Mitarbeitende und Nachwuchs zu finden. So wurden zu Spitzenzeiten knapp über 180 Kochlernende und 100 Restaurantfachleute im Kanton Aargau geprüft – heute sind es noch rund die Hälfte. «Primär ist es nicht mal eine Lohnfrage, es sind wohl die Arbeitszeiten», mutmasst Urs Kohler.

Gastronomie ist eine Lebensschule

In der Gastronomie wird oft abends und am Wochenende gearbeitet – das ist für viele junge Leute unattraktiv. «Glücklicherweise haben die Gastronomen reagiert und ‹mitarbeiterfreundliche› Arbeitszeitmodelle entwickelt», erklärt Urs Kohler. «Zudem gibt es ab August dieses Jahres die komplett neue Ausbildung ‹Koch ’24›. «Die Ausbildung wurde komplett revidiert, modernisiert und den heutigen Bedürfnissen abgepasst», so der Chefexperte.

«Wir setzen uns dafür ein, dass die Lernenden bei uns hoch motivierte Lehrpersonen antreffen, einen kompetenten Support bekommen und wir den jungen Menschen die Vorzüge unserer Berufe aufzeigen», sagt er und lässt es sich nicht nehmen, ein noch bisschen die Werbetrommel zu rühren. «In welchem Beruf gibt es schliesslich so viele Möglichkeiten? Die Gastronomie präsentiert die besten Lebensmittel und neuesten Kochtechniken, bietet Stellen in den Bergen, in Städten und in Tourismusregionen, die Gelegenheit im Ausland zu arbeiten, andere Kulturen und Sprachen kennen zu lernen und ist nicht zuletzt eine Lebensschule.»

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