Das Berufkraut ist kein Mauerblümchen

Neophyten Jahrelang fristete das Einjährige Berufkraut ein Mauerblümchendasein im Schatten der Kanadischen Goldrute. Doch seit einigen Jahren hat sich das Einjährige Berufkraut etabliert und wird in zahlreichen Gemeinden der Region zum Problem. Auch Lenzburg hat ihm den Kampf angesagt.

Unscheinbar: Ohne Blüte ist das Einjährige Berufkraut kaum auszumachen.Foto: Romi Schmid

Unscheinbar: Ohne Blüte ist das Einjährige Berufkraut kaum auszumachen.Foto: Romi Schmid

Das Einjährige Berufkraut ist mehrjährig und wird bis zu einem Meter hoch.Foto: Romi Schmid

Das Einjährige Berufkraut ist mehrjährig und wird bis zu einem Meter hoch.Foto: Romi Schmid

In voller Blüte: Das Übel mitsamt der Wurzel ausreissen.Foto: Romi Schmid

In voller Blüte: Das Übel mitsamt der Wurzel ausreissen.Foto: Romi Schmid

Hat dem Einjährigen Berufkraut den Kampf angesagt: Förster Markus Dietiker von den Forstdiensten Lenzia.Foto: Romi Schmid

Hat dem Einjährigen Berufkraut den Kampf angesagt: Förster Markus Dietiker von den Forstdiensten Lenzia.Foto: Romi Schmid

Kein Mauerblümchen: Das Einjährige Berufkraut ist ein invasiver Neophyt.Foto: Romi Schmid

Kein Mauerblümchen: Das Einjährige Berufkraut ist ein invasiver Neophyt.Foto: Romi Schmid

Es blüht weissgelb und ist hübsch anzusehen, ähnlich fast wie eine Kamille oder Margerite. Darum wurde es einst als Schnittblume von Nordamerika nach Europa gebracht.

Doch das Einjährige Berufkraut hat es faustdick hinter den Ohren: Es ist ein invasiver Neophyt und verdrängt nach und nach einheimische Pflanzen, auch seltene. Es wächst an Wegrändern, auf Weiden und Brachflächen und ist vor allem eines: unerwünscht.

Herkunft Nordamerika

Neophyten sind gebietsfremde Pflanzen, die gezielt oder zufällig in die Schweiz eingeschleppt wurden. Auf natürliche Weise würden sie hier niemals vorkommen.

Bereits im 18. Jahrhundert kam das Einjährige Berufkraut aus Nordamerika nach Europa, seither ist es verwildert. Invasive gebietsfremde Pflanzen wie das Einjährige Berufkraut breiten sich auf Kosten einheimischer Arten effizient aus und mindern damit die biologische Vielfalt. Bis zu 50000 Samen werden von einer Pflanze produziert, welche vom Wind über weite Strecken getragen werden.

Bekämpfung ist arbeitsintensiv

Die Bekämpfung des Einjährigen Berufkrauts gleicht einem Hamsterrad: Jedes Jahr beginnt der Kampf von vorne. «Am effektivsten ist es, die Pflanzen von Anfang an auszureissen, mitsamt Wurzeln und bevor die Pflanzen blühen, damit keine Samen gebildet werden», weiss Förster Markus Dietiker von den Forstdiensten Lenzia. Auf keinen Fall sollten die Pflanzen auf dem Kompost landen, weil sie dort weiterhin keimfähig bleiben und sich dadurch weiterverbreiten.

Obwohl viele Gemeinden Merkblätter aufgeschaltet und Infotafeln aufgestellt haben, gibt es im Kanton Aargau keine allgemeine Bekämpfungspflicht. Nur direktzahlungsberechtigte Landwirtschaftsbetriebe müssen Neophyten von ihren Flächen entfernen.

In Lenzburg werden Neophyten bereits seit vielen Jahren bekämpft – mit Erfolg: Viele Gebiete und Waldflächen sind bereits grösstenteils neophytenfrei. Aber: Das Einjährige Berufkraut hat sich in Lenzburg und der Region als problematischster Neophyt erwiesen. Obwohl es von der Landwirtschaft und der Abteilung Tiefbau und Verkehr seit Jahren bekämpft wird, sind mittlerweile viele Privatgrundstücke und Industriezonen betroffen.

Aufruf zur Bekämpfung

Um das Problem anzugehen, hat die Natur- und Landschaftskommission kürzlich mit rund 50 betroffenen Firmen Kontakt aufgenommen und dazu aufgerufen, befallene Flächen zu bekämpfen. «Im Wald haben wir die Neophyten plus/minus unter Kontrolle. Anders sieht es auf Industrie- und Firmengebieten und rund um das Kieswerk Lenzburg aus. Hier muss schnell gehandelt werden, um die Verbreitung zu stoppen», so der Neophytenbeauftragte. Auch andernorts verbreitet sich das Einjährige Berufkraut rasant: rund um die Schienen der SBB und bei der Autobahn. «Hier sind uns die Hände gebunden. Wir sind darauf angewiesen, dass auch von der SBB etwas gegen diese Pflanzen unternommen wird», so Dietiker.

Kostenlose Neophytensäcke

Weil das Berufkraut vielerorts wuchert, hat der Kanton Aargau vor rund einem Jahr ein gross angelegtes Projekt lanciert: Die Gemeinden können der Bevölkerung kostenlose Neophytensäcke zur Entsorgung invasiver Neophyten abgeben.

Obwohl Lenzburg zahlreiche Säcke beim Kanton bestellt hat, ist die Nachfrage bisher eher gering: Nur 15 Säcke wurden bisher abgegeben. Die Pflanze wird etwa bis 100 Zentimeter hoch, die Blätter sind hellgrün, beidseits behaart und meist gezahnt.

Das Einjährige Berufkraut wird vom Vieh gemieden, deshalb kann es sich auf Weiden massiv vermehren und diese stark verunkrauten. Die Pflanzen einfach zu mähen, sei dabei keine Option: «Die Pflanze wächst schnell nach. Sie schaltet dabei in einen Überlebensmodus und bildet umso mehr Blüten.» Die Problematik ist gross, hinzu kommt: «Einzelne Pflanzen auszureissen, ist schnell erledigt. Aber: Geht man das Problem nicht an, vermehren sich die Pflanzen so rasant, dass man schon im nächsten Jahr Stunden, wieder ein Jahr später Tage aufwenden muss für die gleiche Fläche», so Dietiker.

Um die Entwicklung des Berufkrauts einzuschränken, braucht es viel Zeit und Ausdauer. Und: «Die Bekämpfung des Einjährigen Berufkraut ist langfristig nur erfolgreich, wenn alle aktiv werden», so Dietiker.

Neophyten-Aktionstage 2024: Samstag, 15. Juni und 17. August, 9 bis 16 Uhr, Eulenhütte Lütisbuech.

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