Curvy-Model tankt im Seetal auf
Sarmenstorf Ein Hirntumor warf sie fast aus der Bahn, die Karriere als Curvy-Model kam ins Stocken. Doch aufgeben ist für Claudia Polar (37) keine Option. Die Tierliebhaberin tankt im Seetal neue Kraft und will wieder durchstarten.
Per Definition ist ein «Plus-Size-Model» oder «Curvy-Model» ein weibliches Model, das als mollig oder vollschlank gilt. Kurvig ist in. So kürte der deutsche Fernsehsender RTL nach einer TV-Castingshow jüngst das «Curvy-Supermodel». Es wurden Frauen präsentiert, die einen Body-Mass-Index (BMI) deutlich über der Norm haben.
Wer Claudia Polar im Sarmenstorfer Café gegenübersitzt, muss zweimal hinschauen, um überdurchschnittliche Kurven zu entdecken. «Ja, ich habe in letzter Zeit ein paar Kilo an Gewicht verloren», sagt das Curvy-Model. 81 Kilogramm Körpergewicht verteilt auf 179 Zentimeter, laut Berechnung bedeutet dies «leichtes Übergewicht». Models für «grosse Grössen» haben da bedeutend mehr Hüftgold.
Schweiz hat Nachholbedarf
Wer ist diese Frau, die sich «Curvy Princess Claudia» nennt und Polar als Künstlernamen ausgesucht hat? Geboren wurde sie in Zürich und ging dort zur Schule. «Als Kind war ich schwer übergewichtig und wurde deswegen gehänselt», sagt Claudia Polar nachdenklich.
Als sie sich zur Kleinkindererzieherin ausbilden liess, nahm sie 17 Kilogramm ab. «Da fühlte ich mich plötzlich wohl in meinem Körper», blickt sie zurück. Ganz schlank war sie indes nie, und weil sie schon als Teenager gerne vor der Kamera posierte, nahm sie im Alter von 25 Jahren erstmals an einem Modelwettbewerb für Übergrössen-Mannequins teil. Sie setzte sich gegen 2500 Bewerberinnen durch und gewann ein Foto-Shooting.
«Das ist ewig lange her», sagt die Wahl-Sarmenstorferin lächelnd. Die Karriere als Teilzeit-Model kam langsam ins Rollen. Unter anderen stand sie für den ehemaligen «Germany’s Next Topmodel»-Fotograf Armin Morbach vor der Kamera.
«Curvy Princess Claudia» ergatterte sich den einen oder anderen Auftrag, posierte in Unterwäsche, die Arbeit machte ihr Spass. 2012 gewann sie ein Casting in Deutschland. «In der Schweiz ist in Sachen Curvy-Model gar nichts los», sagt Claudia Polar, «hier herrscht tote Hose». Anders im nördlichen Nachbarland. Dort steht sie bei einer Agentur unter Vertrag.
Gesundheitlicher Tiefschlag
Doch plötzlich hat Claudia Polar gesundheitliche Probleme, fällt immer wieder in Ohnmacht. Zuerst heisst es, das sei vor allem psychisch bedingt. Dann folgt der niederschmetternde Befund: Gehirntumor! «Ich verlor den Boden unter den Füssen», blickt sie zurück.
Nach der operativen Entfernung des Tumors im Jahr 2014 geht die Leidenszeit weiter. «Ich konnte nicht mehr als Kleinkindererzieherin arbeiten, aus Angst vor epileptischen Anfällen.» Sie machte eine schwere Zeit durch, trat unter anderem in der TV-Sendung «Maischberger» zum Thema «Der unsichere Patient» auf, Seite an Seite mit Schauspielerin Gesine Cukrowski («Katie Fforde», «Inga Lindström»).
Obwohl sie sich dieses Jahr ein weiteres Mal einer Bestrahlung unterziehen musste, schaut Claudia Polar wieder positiv in die Zukunft. Gesundheitlich geht es langsam, aber sicher aufwärts, ihr Freund und ihre Aufgabe beim Tierschutz geben ihr Mut und Kraft. Auch, dass sie seit zwei Jahren in Sarmenstorf lebt, ist ein Lichtblick. «Ich sage es in aller Deutlichkeit: Sarmenstorf ist der schönste Ort, in welchem ich je gewohnt habe», meint Claudia Polar lächelnd.
Pelz kommt nicht in Frage
Und die Karriere als Curvy-Model? Der Markt für Plus-Size-Models sei in der Schweiz immer noch sehr klein, darum arbeite sie weiterhin mit einer Agentur in Deutschland zusammen. «Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich in Zukunft wieder den einen oder anderen Auftrag erhalten werde», sagt Claudia Polar.
Alles würde sie jedoch nicht machen. «Mit Ledersachen posiere ich nicht. Ich mache auch keine Werbung für Pelze. Mir gefallen Fotos mit schöner Mode. Oder mit Schmuck.» So steht sie aktuell für die Firma Rhomberg Schmuck als Markenbotschafterin unter Vertrag.
Das Gespräch geht zu Ende. Und Claudia Polar verabschiedet sich mit einem Lächeln. «Ist es nicht wunderbar hier in Sarmenstorf?» Keine Frage, da scheint jemand sein Paradies auf Erden gefunden zu haben.