Bei der «Buurestube» kommt es zur Abstimmung
Birrwil Es ist ein Bijou: die «Buurestube» inmitten des Dorfkerns. Der Gemeinderat würde die Immobilie mit Land gerne kaufen. Die Gemeindeversammlung stimmte zu, doch das Referendum wurde ergriffen und die notwendigen Unterschriften sind beisammen. Im März kommt es zur Abstimmung.
Ein Immobilienunternehmen würde sich wohl die Finger lecken, wenn es einen Kaufvertrag für die «Buurestube» samt Umschwung in Birrwil auf seinem Schreibtisch hätte. So denken auch die Gemeinderäte – jedoch nicht aus Renditegesichtspunkten, sondern mit Blick auf die Zukunft. An der Gemeindeversammlung im November letzten Jahres präsentierten die Gemeinderäte den Kreditantrag über 1,7 Mio. Franken für den Kauf der Immobilie. Der Antrag wurde nach einer mehr als einstündigen Diskussion von einer Zweidrittelmehrheit der Anwesenden angenommen. Allerdings entschiedet der Souverän an der Urne im März.
Gründe für den Kauf gibt es viele, sagt Gemeinderat Stephan Läuchli, der für Hochbau und Liegenschaften zuständig ist. Auch die Gegner des Kaufs haben ihre Argumente. Repräsentiert werden die Gegner von Thomas Forrer, einem ehemaligen Gemeinderat. Für ihn ist das Geld an anderen Stellen besser investiert, und ein Verkauf an ein privates Unternehmen oder die Weiterführung der Gastwirtschaft erscheint ihm sinnvoller. «Birrwil ist zu klein, um sich als Immobilienentwicklerin zu versuchen. Das sollte von Profis gemacht werden», findet er. Ausserdem stört er sich daran, dass für einen Kauf zu wenige Abklärungen im Vorfeld getroffen worden seien. «Wir kaufen hier die Katze im Sack. Es fehlen relevante Zahlen. Umbauten an der Kegelbahn würden massive Kosten verursachen und genauso ist es mit dem Restaurant. Für mich ist der Kauf der Immobilie mit zu vielen Unsicherheiten verbunden.»
«Wir müssen in die Zukunft schauen»
Stephan Läuchlis politische Heimat ist der Freisinn. Trotzdem spricht er sich gegen den Verkauf an Private aus und will die Immobilie und das Land in Gemeindebesitz bringen. «Birrwil muss in die Zukunft denken und investieren», sagt er. Im Dorf fehlt eine Kindertagesstätte (Kita). Das wird immer wieder in der Gemeinde angesprochen.
Eine Kita in einer ehemaligen Gaststätte? Wahrscheinlich nicht. Doch die Beiz kommt auch mit einer Kegelbahn. «Hier könnten wir mit relativ geringen Kosten einen Umbau zur Kita realisieren», erklärt er. Auch das Schaffen von bis zu sechs altersgerechten Wohnungen in der Gaststätte ist denkbar. «Und das mitten im Dorf.» Sollte keines dieser Vorhaben umsetzbar sein, könnte das Areal als Landreserve dienen – etwa für ein neues Feuerwehrmagazin. Gleich hinter der Gaststätte gibt es noch Land für weitere Ideen, erklärt er weiter. Sollte keiner der Gemeinderatspläne aufgehen, sei der Kauf dennoch kein finanzielles Desaster. Das Land könnte wieder verkauft werden, und erfahrungsgemäss sinken die Bodenpreise in der Schweiz nicht. Auch Birrwil wird da keine Ausnahme machen.
Immobiliensituation in Birrwil zwingt zur Handlung
Birrwil verzeichnet seit einigen Jahren ein starkes Wachstum, insbesondere im Verhältnis zur Grösse der Gemeinde. Dabei sind die Liegenschaften bis auf den letzten Quadratmeter in Nutzung. Im Gemeindehaus, dem Mehrzweckgebäude und dem alten Schulhaus sind keine Reserven mehr abzugraben. Einen Poker gebe es, das weiss auch Stephan Läuchli: Im alten Schulhaus sind momentan 20 geflohene Ukrainer untergebracht. Wann diese aber das Dorf wieder verlassen werden, steht in den Sternen. «Natürlich kann es sein, dass der Krieg bald beendet ist und die Menschen wieder in die Ukraine zurückkehren werden. Aber wie realistisch ist das?», fragt Läuchli rhetorisch. Auf diese Situation hin wolle er nicht pokern. Und die Gemeinde braucht Platz. «Mit einer Kita könnten wir den Familien etwas bieten. Diese brauchen wir für unser Miteinander und das Dorf- wie das Vereinsleben.»
Thomas Forrer sieht den Bedarf ebenfalls. Einfach aus einer anderen Perspektive. Dass die Bereitstellung der Räumlichkeiten aber Aufgabe einer Gemeinde ist, bezweifelt er nicht, der Betrieb einer Kita ist jedoch nicht Aufgabe der Gemeinde. Dass Birrwil eine Kita bekommen soll, findet er überhaupt nicht schlimm. Im Gegenteil. Ebenso steht er zu Mittagstischen. Er findet aber, wenn die Gemeinde die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen möchte, warum nicht in bestehenden Gebäuden? Er findet nicht, dass es in Birrwil keinen Platz mehr habe. «Wir haben nebst gemeindeeigener Liegenschaften auch eine Kirchenschür. Warum fragt man da nicht an? Das Mehrzweckgebäude wird saniert. Warum nicht da Platz für eine Kita schaffen?» Schlussendlich sind Stephan Läuchli und Thomas Forrer Kontrahenten in dieser Angelegenheit. Das Beste für die Gemeinde und deren Familien wollen aber beide. Auf welchem Weg das erreicht werden soll, darüber sind sie sich uneins. Das entscheiden aber nicht sie, sondern der Souverän im März.
Referendumsleiter Thomas Forrer. Foto: zvg