Ausgegraben: Das hält!

Klebrige Sache: Frisch produziertes Birkenpech im Tontopf. Foto: Jonas Nyffeler
Klebrige Sache: Frisch produziertes Birkenpech im Tontopf. Foto: Jonas Nyffeler

Es gibt sie flüssig bis fest, bereits auf Textil- oder Plastikstreifen fixiert, in grossen Kübeln oder kleinen Tuben. Als Allrounder oder auf ein bestimmtes Material spezialisiert sind sie in jedem Haushalt zu finden: Klebstoffe! Einfach zu handhaben und günstig, werden immer leistungsfähigere Kleber entwickelt. Sei es Beton, Metall, Kunststoff, Holz oder gar menschliches Gewebe, es wird geklebt, was das Zeug hält.

Der Alleskleber, eine moderne Erfindung? Weit gefehlt! Bereits tausende Jahre vor Uhu und Co. wurde in der Steinzeit das erste Klebemittel auf Kunststoffbasis entdeckt. Das sogenannte Birkenpech ist eine schwarze Masse, die bei Zimmertemperatur erstarrt, über einer Flamme erhitzt jedoch plastisch und extrem klebrig wird.

Einmal angebracht, lässt sich Birkenpech kaum mehr entfernen. So wurden damit Messerklingen in Holzgriffe geklebt oder zerbrochene Tontöpfe geflickt. Und schmierte man sich das Zeug unachtsam an die eigenen Finger, dann blieb es dort erst mal eine Weile. Frei nach dem Werbeslogan eines bekannten Kleberherstellers: Im Falle eines Falles, Birkenpech klebt alles.

Die Produktion des Steinzeitklebers erforderte chemisches Know-how: Unter Sauerstoffabschluss wurde Birkenrinde erhitzt und so das Pech aus der Rinde gelöst. Das Verfahren hinter diesem Vorgehen nennt sich trockene Destillation oder Pyrolyse. Auf welche Weise die steinzeitlichen Alchemisten diesen Prozess vollzogen, ist ein noch ungelöstes Rätsel. Möglich wäre es mit zwei ineinander gestellten Tongefässen gewesen, die von aussen mit Feuer erhitzt wurden.

Nicht nur wegen seinen klebenden Eigenschaften war Birkenpech in der Steinzeit beliebt. Nebst zahlreichen krebserregenden Stoffen enthält Birkenpech auch das entzündungshemmende Betulin. Zahnabdrücke auf Birkenpechklumpen legen nahe, dass die Masse gegen Zahnbeschwerden gekaut wurde. Ob das Kauen bei den betreffenden Personen für mehr Schaden oder Linderung sorgte, ist nicht bekannt.

Im Museum Burghalde sind verschiedene jungsteinzeitliche Funde präsentiert, die mit Birkenpech geklebt wurden. Ein Film zeigt, wie mit Pech eine Feuersteinspitze an den Pfeilschaft geklebt wird.

«Ausgegraben». Hier schreiben Mitarbeiter des Lenzburger Museums Burghalde jeweils in der ersten Ausgabe des Monats über originelle Fundstücke.

Weitere Artikel zu «Im Gespräch», die sie interessieren könnten

Gabriela Furter
Im Gespräch29.10.2025

Recht-tipp

Eine Kündigung der vier Wände ist oft ein Schock. Umso wichtiger ist es, zu wissen, dass es klare Regeln für die Kündigung gibt.

Die Vermieterschaft muss…

Stadtoberförster Matthias Ott.Foto: Romi Schmid
Im Gespräch29.10.2025

Vom Alpenblick zum Blättermeer: Die «Vue des Alpes» ist aussichtslos

Lenzburg Aus der «Vue des Alpes» ist eine «Vue des Arbres» geworden: Wo man einst bis zum Säntis blickte, stehen heute Kirschbäume. Der Forstbetrieb Lenzia…
Dieter Neuenschwander bereitet die Päckli für die Packpresse vor.Foto: Verena Schmidtke
Im Gespräch22.10.2025

Leidenschaft und Ideen für gelungenen Süssmost

Leutwil Vor drei Jahren übernahm Dieter Neuenschwander aus Leutwil im Zuge einer Nachfolgeregelung recht kurz entschlossen eine Mosterei. Zu schade wäre es…