«Auch Betriebe stehen in der Pflicht»
Gemäss einer NAB-Studie haben 60 Prozent der KMU im Aargau Mühe, geeignete Mitarbeiter zu finden. Ob der Fachkräftemangel wirklich so gravierend ist und was man dagegen tun kann, darüber diskutierten am Freitag an der Lega Vertreter aus Politik und dem lokalen Gewerbe.
Podiumsgäste waren Regierungsrat Alex Hürzeler, Stefan Weber, Malermeister mit eigenem Geschäft in Lenzburg, Martin Stücheli, Stadtrat Lenzburg, Maya Bally, Grossrätin Hendschiken, und Jürgen Bernauer, Managing Director ABB Switzerland LTD, Lenzburg. Ob tatsächlich ein Fachkräftemangel besteht, kann wohl nur das Gewerbe selbst beantworten. Welcher Ort eignet sich also besser für eine Diskussion zum Thema Fachkräftemangel als eine Gewerbeausstellung? – mussten sich wohl die Organisatoren des Podiums vom Lebensraum Lenzburg-Seetal gesagt haben.
Feedback zu dieser Frage gab es schliesslich aber nur von den beiden Podiums-Vertretern des Gewerbes, Stefan Weber und Jürgen Bernauer. Denn trotz vielversprechender Besetzung vermochte das Lega-Podium nur wenig Publikum anzulocken.
Malermeister Stefan Weber findet zwar genügend Maler, bekundete jedoch aufgrund der gestiegenen schulischen Anforderungen Schwierigkeiten, diese zu Malermeistern auszubilden. Ganz anders tönte es vonseiten des Grossbetriebs ABB. Aus Sicht von Jürgen Bernauer haben sich die heutigen Lernenden nicht verschlechtert, die rund 400 Auszubildenden bei ABB Switzerland seien immer noch gut qualifiziert. Er sieht die Betriebe in der Pflicht, sich um qualifizierte Fachkräfte zu bemühen. «Lernende muss man führen, erst dann bringt ein Lernender etwas für den Betrieb.» Dies bedeute auch, dass ein Unternehmen gewillt sein müsse, in den Nachwuchs zu investieren.
Auch von politischer Seite gab es dazu Rückendeckung. Alex Hürzeler bestätigte jedoch, dass die schulischen Anforderungen in den letzten Jahren stark gestiegen seien. Grossrätin Maya Bally appellierte an die Unternehmen, auch schwachen Schülern eine Chance zu geben. «Wer früher sehr gut war, ist heute nur noch gut», veranschaulichte sie.
«Standortqualität ist gut»
Die Behauptung des Moderators Jörg Kyburz, dass die Berufslehre im Vergleich zur Mittelschule an Attraktivität eingebüsst habe, verlief bei den Podiumsteilnehmern im Sand. Stadtrat Martin Stücheli etwa sieht keinen Bedarf für eine Image-Kampagne für die Berufslehre: «Die Berufslehre ist attraktiv, nach der Lehre hat man etwas in der Hand und steht auf eigenen Beinen.»
Die verschiedenen Berufswahl-Systeme der Schweiz funktionierten gut, so Stücheli, das Problem liege woanders, nämlich in der Veränderung der Branchen und Berufe. «Diese Veränderungen muss man früh erkennen und darauf reagieren, damit es später nicht zu Engpässen bei Fachkräften kommt.» Weitere Lösungsansätze sahen die Podiumsteilnehmer in Teilzeitmodellen oder Weiterbildung und neuen Lohnmodellen für ältere Arbeitskräfte.
Einig waren sich die Referenten bei der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Aargau, der Aargau habe eine gute Standortqualität, «auch weil es die Lega gibt», schloss Regierungsrat Alex Hürzeler schmunzelnd.