Ab auf die Insel der anderen Zeit
In eigener Sache I Auf der Redaktion kommt es zu einem Wechsel: Nach gut vier Jahren verlässt Melanie Solloso nicht nur das Büro in Lenzburg, sondern das Land; sie reist mit ihrer Familie auf die Philippinen aus.
Von aussen und mit zeitlicher Distanz betrachtet, mag es ansteckend erscheinen: Frauen auf der Redaktion von Lenzburger Bezirks-Anzeiger/Der Lindenberg/Der Seetaler (LBA) scheinen vom Fernweh geplagt. Nach der ehemaligen Redaktionsleiterin Beatrice Strässle 2017 wandert nun auch Redaktorin Melanie Solloso in das Heimatland ihres Partners aus. Und auch sie plant dort ein Angebot in der Parahotellerie. Auf das Bed & Breakfast im Piemont folgt nun ein Aparthotel auf der philippinischen Insel Siargao.
Schreiben als Berufung
Zurück zum Anfang. Aufgewachsen in Brugg und Auenstein absolvierte Melanie Solloso eine KV-Ausbildung. Zahlen und Buchhaltung standen aber da eindeutig in der zweiten Reihe. «Sprachen und Schreiben waren meine Stärke», sagt sie rückblickend. An der Höheren Fachschule für Sprachberufe (SAL) in Zürich belegte sie den Weiterbildungslehrgang Journalistik.
«Ich wollte meine Kreativität ausleben; da war der Wechsel zum Journalismus naheliegend», schildert sie die Wahl des neuen Berufs quasi als Berufung. Nach verschiedenen Praktiken und Festanstellungen im Raum Zürich, etwa bei der «Zürichsee-Zeitung» und dem «Zürcher Oberländer», zog es sie wieder in die alte Heimat; «zurück zu den Wurzeln», wie sie selbst sagt. Eher unkonventionell sprach Solloso im Spätherbst 2014 mit den Bewerbungsunterlagen direkt auf der LBA-Redaktion vor – und bekam als junge Mutter die 60-Prozent-Stelle.
Aussergewöhnliche Leute
Ab Dezember 2014 kümmerte sie sich hier um journalistische Belange der 28 LBA-Gemeinden. Eine echte Alternative zum Regionaljournalismus scheint es nicht gegeben zu haben: «Hier betreut man die unterschiedlichsten Themen und lernt die unterschiedlichsten Leute kennen.» Man sei vor Ort, treffe oft die gleichen Protagonisten wieder. «Dies hat allerdings Vor- und Nachteile», ist Melanie Solloso überzeugt.
Ihre Stärken waren soziale und gesellschaftliche Themen. Am allerliebsten schrieb sie Porträts von aussergewöhnlichen Personen. Doch da kommt sofort ein Einwand: «Aber sind eigentlich nicht alle Menschen aussergewöhnlich?» Doch der Regionaljournalismus auf einer Wochenzeitung besteht nicht nur aus Begegnungen «draussen bei den Leuten».
Zur Kür an der Front gehört oft die Pflicht, drinnen im Büro. Melanie Solloso betreute da etwa mit viel Umsicht und Liebe zu den vielfältigen Veranstaltungen in der Region die wichtigen Serviceseiten «Agenda» und «Szene/Hinweise». «Ein ganzer Tag Layout-Arbeit im Büro hängt schon an», hält sie ehrlicherweise fest.
Heimweh nach der Ferne
Nun verlässt Melanie Solloso nach vier Jahren und drei Monaten nicht nur die LBA-Redaktion, sondern die Region und das Land. Bereits während der Lehr- und Wanderjahre lebte sie eine Affinität zu Asien aus. Während einer Reise sei sie «auf einer Insel in den Philippinen hängen geblieben». Ein ganzes Jahr hat sie dort gelebt, war angetan von der relaxten Lebensweise – und hat dort ihren Mann kennen gelernt. Die Uhren gehen dort, am Rande des Pazifiks, anders: «Es war das längste Jahr in meinem Leben», blickt sie mit strahlenden Augen zurück.
Nach der Rückkehr nach Europa folgten regelmässig längere Reisen in die Heimat des Partners. «Hier in der Schweiz hatten wir Heimweh nach dort. Und umgekehrt.» Als der Ehemann in der Schweiz seine Stelle verlor, wurde das Auswandern plötzlich eine echte Alternative. Inzwischen gibt es an der Südküste der Insel Siargao mehr Einkommensmöglichkeiten; der Tourismus an einem vor allem bei Surfern aus aller Welt immer beliebteren Strand bietet neue Chancen.
Vorfreude auf Meer und Sonne
Familie Solloso plant nicht nur den Bau eines Wohnhauses, sondern auch ein Aparthotel mit Studios und Wohnungen. «So wurde Plan B zum Plan A», fasst Melanie Solloso den Auswanderungsentscheid zusammen. Sie freut sich, mit ihrem Mann und den drei Kindern künftig in die Familiengemeinschaft ihres Mannes eingebettet zu sein.
«Man muss auch auf den Philippinen arbeiten, aber die Prioritäten sind anders. Sie haben dort auch Uhren, aber man lässt sich von der Zeit weniger diktieren», schildert Melanie Solloso den tieferen Leistungsdruck in ihrer künftigen Heimat. Bedenken hat sie nicht: «Ohne Optimismus muss man gar nicht ans Auswandern denken. Ich freue mich nun auf das Meer, die Sonne und die philippinische Lebensfreude.»