60 Ehejahre: Eine Liebesgeschichte mit Höhen und Tiefen

Sarmenstorf Der traditionelle Jubilarenanlass in Sarmenstorf findet dieses Jahr am 23. April statt. Geehrt werden alle Einwohnerinnen und Einwohner ab 80 Jahren und Ehepaare mit einem Ehejubiläum ab 50 Jahren. Darunter auch Margrit und Kurt Schmidli, welche einen Blick hinter die Kulissen von 60 Ehejahren gewähren.

Margrit und Kurt Schmidli unter einem ihrer Lieblingssteine.Foto: Debora Hugentobler

Ihre Liebesgeschichte erinnert an eine Hollywood-Romanze. Während der 60 Jahre durchlebten die Schmidlis jedoch eine ganze Palette an Genres – von Komödie bis Drama war alles dabei. Angefangen hat die Geschichte von Margrit und Kurt in Villmergen. Er spielte Fussball am Grümpelturnier, sie kam mit ihrem Bruder als Zuschauerin. Auf den Match folgte ein Tanzabend. Kurt sah Margrit, forderte sie zum Tanzen auf und sogleich war es um die beiden geschehen. Fünf Jahre waren die Turteltauben verliebt, als sie beschlossen, an Weihnachten Verlobung zu feiern. Doch Margrits Eltern waren damit nicht einverstanden, weil ihre Tochter in deren Augen noch zu jung zum Heiraten war. «Und plötzlich war ich schwanger», platzt es aus Margrit heraus. Die beiden lachen und erzählen, dass ihre Eltern davon überzeugt waren, dass sie das extra gemacht hätten, um heiraten zu können. Weil es zu jener Zeit noch skandalös war, als unverheiratetes Paar ein Kind zu bekommen, durften sie sich dann doch im Alter von 21 und 23 Jahren vermählen.

Die Hochzeit sei sehr schön gewesen. «Wir hatten kein Geld, aber einen Car.» Ihr Höhepunkt war die Rundfahrt mit dem Car bis zum Zugersee. Das Abendessen feierten sie im «Rebstock» in Seengen, welches traditionell vom Vater der Braut bezahlt wurde. Seither geniesst das Ehepaar immer mal wieder Zeit zu zweit im «Rebstock». In demselben Restaurant wie vor 60 Jahren feiern sie dieses Jahr gemeinsam mit ihrer Tochter und den Enkelkindern ihren runden Hochzeitstag. Jedes Jahr haben sie ihr Jubiläum auf eine Weise gefeiert. «Jo, das muesch!», sagt Margrit. Das möchten sie auch bis zum Ende beibehalten.

Zwischen Hausbau, Arbeit und Todesfall

Die Schmidlis lebten acht Jahre lang in einer Wohnung in Villmergen, für welche sie weniger als 300 Franken im Monat bezahlen mussten. Als sie wegen Eigenbedarf raus mussten, bauten sie auf dem geerbten Stück Land vom Bauernhof ihres Vaters ein Haus. Mit heute unvorstellbaren 10000 Franken konnten sie damals den Traum des Eigenheimes verwirklichen. Natürlich waren gute Bekanntschaften auch zu jener Zeit nicht verkehrt, wie zum Beispiel die zum Dirigenten von Margrits Kirchenchor, der zufälligerweise auch Chef einer Bank war und ihnen einen Kredit ermöglicht hatte. Das Haus liessen sie bauen, doch den Garten machte Kurt selbst. Sobald er von der Montage daheim war, arbeitete er rund ums Haus. Dank seiner Arbeit als Monteur und ihrem sparsamen Lebensstil hatten sie genügend Geld zum Leben. «Wir sind glücklich hier», sagt Margrit.

Das Ehepaar hatte zwei Kinder. Von ihrer Tochter haben sie zwei Enkelkinder, welche Margrit regelmässig hüten durfte, als diese noch klein waren. Margrits und Kurts gemeinsamer Sohn verstarb, als er gerade mal Mitte zwanzig war. Der Todesfall ihres Sohnes bedeutete eine sehr schwierige und prägende Zeit in ihrer Ehe. Auch finanziell wurde ihnen eine grosse Bürde auferlegt. Sie wurden auf das Existenzminimum gesetzt und konnten nicht mehr in den Urlaub fahren. Ihr Leben sei geprägt von Höhen und Tiefen. «Zwischendurch bekamen wir vom Leben eins auf den Deckel. Aber wir sind immer wieder rausgekommen – miteinander», so Margrit. «Es ist schön, wenn es wenigstens zusammen klappt.«

Margrits grösster Wunsch war es, ein eigenes Restaurant zu führen. Weil Kurt dafür nicht zu begeistern war, liess sie es jedoch sein. Rückblickend sei Margrit froh, dass sie es nicht getan hat. Denn über die Jahre war Kurt viel fort, auf Montage rund um den Globus. Während eines dreimonatigen Aufenthalts in Südafrika nahm Margrit all ihren Mut zusammen und flog alleine zu ihrem Kurt. Neben der gemeinsamen Safari im Nationalpark blieb den beiden auch ein anderes Ereignis im Gedächtnis. Margrit, die selbst jahrelang in der Gastronomie tätig war, wollte die zwei Monteure in deren Wohnung bekochen. Als sie kurz hinausging, fiel die Türe hinter ihr ins Schloss. Bis die beiden Männer von ihrer Arbeit zurückkehrten, verweilte somit Margrit draussen und das Essen drinnen. «Mir ist alles passiert», lacht Margrit darüber. Danach verreiste das Ehepaar nur noch gelegentlich, mit dem Flugzeug fliegen sie nun nicht mehr. Damals genossen sie sporadisch Badeferien auf Zypern, heute gehen sie zum Baden nach Schinznach.

Gegensätze ziehen sich an

Margrit und Kurt gehen oft zusammen spazieren. «Das ist unser gemeinsames Ding.» Neben diesem gemeinsamen Ding leben die beiden ihre Hobbys sehr eigenständig aus. Im Keller hat Kurt seinen eigenen Hobbyraum, in welchem er früher auch leidenschaftlich malte. Einige seiner Kunstwerke schmücken heute das Eigenheim. Auch Musik macht er mit Begeisterung. «Er hat die Talente, die ich nicht habe», sagt Margrit über ihren Mann. Sie bewundere ihn und seine Talente. Selber habe sie genug mit dem Haushalt. Bald falle auch wieder die Gartenarbeit an, welche das Ehepaar noch immer eigenhändig erledige. Als Hobby gehe Margrit alle zwei Wochen ins Altersheim zum Jassen. Kurt jasst nicht, er verbringe diese Zeit in seinem Hobbyraum. «Ich habe genügend Hobbys», betont er.

Gerade deshalb erstaunt es, was die beiden als gemeinsamen Höhepunkt ihres Miteinanders nennen: das Steine­klopfen. Der Mann mit den vielen Hobbys war früher Mitglied im Mineralien-Verein Aargau. Viele Jahre gingen sie dann zu zweit in die Berge und klopften gemeinsam Steine. Er habe immer Kristalle gefunden, sie habe immer am falschen Ort gesucht. Noch immer sind die beiden im Besitz einer beeindruckenden Steinsammlung.

Das Geheimnis einer glücklichen Ehe

«Wir haben schon Meinungsverschiedenheiten, aber selten Streit», sagt Margrit. «Eine Person muss halt nachgeben», lacht Kurt. Denn Margrit mag keinen Krach, lieber diskutiert sie und gibt dann nach. Für sie sei die wichtigste Voraussetzung für eine funktionierende Ehe der gegenseitige Respekt. Auch mal zu erkennen, dass es vielleicht doch nicht so schlimm sei, anstatt stur auf seinem Standpunkt zu verharren. «Das mussten wir auch viele Male. Sich anschreien oder beleidigen würde ich gar nicht vertragen», meint Margrit. Wenn Fehler passieren, könne man sich ja entschuldigen. Auch einander wertzuschätzen, sei wichtig. Wenn Kurt früher aufstehe, mache er Margrit einen Kaffee. Solche Sachen schätze sie auch noch nach 65 Jahren Beziehung. «Ich möchte keinen anderen Mann», sagt die 81-jährige Margrit über ihren zwei Jahre älteren Schatz.

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