Salzkorn: Kultur in Finken
Die Hektik fällt weg. Sonst muss man immer warten, bis alles sauber gebüschelt ist, die Frisur hie und die Krawatte dort sitzt und sicherheitshalber wird das Handy schon daheim auf Lautlos gestellt. Und während der Fahrt in die Kapitale herrscht stets Unsicherheit, ob es zeitlich noch in die Konzerteinführung reicht.
Die Abonnements-Konzerte von argovia philharmonic, «unserem» Symphonieorchester, gehören zum kulturellen Pflichtprogramm. Doch diesmal gibt es keine Aufgeregtheiten im Vorfeld. Das Konzert findet in der eigenen guten Stube statt. Jürg Schärer, der Präsident des argovia-philharmic-Trägervereins, heisst in einer Botschaft diesmal nicht die Besucher willkommen, sondern: «Wir kommen zu Ihnen zu Besuch.»
Livestream heisst die Lösung. Die Musiker sitzen – mit dem nötigen Abstand untereinander – im Gemeindesaal in Buchs. Die Streicher tarnen sich zusätzlich mit den mittlerweile omnipräsenten Gesichtsmasken. Ihr Wirken wird in Bild und Ton an alle Interessierten übermittelt. Leider in einem Format, das sich nicht problemlos via die üblichsten Programme auf den normalen Fernsehschirm übertragen lassen.
Doch improvisiert klappt es dennoch. Gelegentliche Ruckler und Knackgeräusche nimmt man daheim in Kauf; man hat wenigstens wieder Kontakt zum lieb gewonnenen Klangkörper und zu den Protagonisten, die während der Pause in Einspielern wiederholt betonen, wie froh sie sind, überhaupt wieder musizieren zu können.
Und Kultur im heimischen Sessel, mit Finken an den Füssen, hat auch seine Vorteile. Statt eines Cüplis an der Pausenbar holt man sich halt eine neue Tasse Tee. Nur alle Mitzuhörer kann man sich nicht aussuchen. «Was ist das für Katzenmusik?», fragt der wenig klassikaffine Junior. Apropos: Dem Schmusekater gefällts. Nach zwei Mozart-Sinfonien schnurrt er sogar bei Schostakowitschs Neunter auf meinem Schoss.