Die Frau mit den 14 Chefs verlässt das wachgeküsste Haus
Nach 18 Jahren als Geschäftsführerin des Müllerhauses in Lenzburg geht Karin Büchli in Pension. Sie erlebte und prägte eine interessante Phase.
Das Müllerhaus am Bleicherain bezeichnet sich nicht umsonst als «Das Kultur-Gut». Der Ende des 18. Jahrhunderts von Gottlieb Hünerwadel in Auftrag gegebene Bau gilt als eines der schönsten Patrizierhäuser im Kanton. Wie bei Menschen sind jedoch auch hier die inneren Werte entscheidend.
Dass das Müllerhaus zu einem Haus der Gastfreundschaft und Begegnung wurde, ist zu einem guten Teil Karin Büchli zu verdanken. Kurz vor der Jahrtausendwende trat die Seengerin die Stelle als Geschäftsführerin an. Wenig danach wurde das Gebäude dank einem Vermächtnis von Gertrud Müller sanft renoviert.
Nicht nur dank der dezenten Sanierung, sondern auch dank der Tatkraft von Büchli wurde das Müllerhaus einem Dornröschenschloss gleich wachgeküsst. Unter ihrer Ägide erhöhte das Netzwerk Müllerhaus, das für kantonale und nationale Organisationen Geschäftsführung und Administration ausführt, die Kundenzahl von 4 auf 14.
Eigene Schrift und Sprache
Die Bandbreite der Kunden reicht vom im gleichen Haus untergebrachten Aargauer Literaturhaus Lenzburg über das Forum Helveticum und Schlossdomäne Wildegg bis hin zur Gesellschaft Schweiz–China und noch viel weiter. Diese Vielfalt war genau auf Karin Büchli zugeschnitten. 14 Organisationen, 14 Chefs, 14 Generalversammlungen, 14 Budgets, 14 Revisionen.
«Man musste sich immer wieder anpassen», blickt sie zurück: «Jeder Präsident hatte einen eigenen Stil.» Jede Organisation hat ihre eigene Telefonnummer, aber auch eine eigene Schrift bei der Korrespondenz. Die Individualität ging übers Technische hinaus: «Je nach Gesellschaft wurden Protokolle in farbiger, diplomatischer oder praktischer Sprache geschrieben.»
Nun geht die Zeit der stetigen Flexibilität, die Phase mit zahlreichen Beanspruchungen in Abendstunden und an Wochenenden langsam zu Ende. Karin Büchli gibt ihr Amt im nächsten Monat an Ursula Furrer ab. Nun treten andere Bereiche in den Vordergrund: Familie – «mein Mann musste oft auf mich verzichten» –, Kochen, Garten, Lesen. Nicht zuletzt aus Rücksicht auf den Partner habe sie die Option «länger arbeiten» verworfen. Aber nicht wegen Aufgabe und Arbeit: «Das Müllerhaus verleidet einem nie.»