Wedekind-Hommage am Originalort
Musikcollage 1872 zog Familie Wedekind mit dem damals achtjährigen Benjamin Franklin aufs Schloss Lenzburg. 150 Jahre später, am übernächsten Sonntag, kehrt er als Titelfigur des Stücks «abARTiger Teufelskerl» an die einstige Wirkungsstätte zurück.
Die «Fledermäuse», das Seetaler Operettenensemble, haben das Stück «abARTiger Teufelskerl» über die prägenden Lenzburger Jugendjahre des hier aufgewachsenen Dichters und Schriftstellers diesen Sommer schon viermal vor vollem Haus im Garten der Wirtschaft Niesenberg im Seetal aufgeführt.
«Ich freue mich, das Stück nun am Originalort des Geschehens, auf Schloss Lenzburg, aufführen zu können», so Autorin und Regisseurin Hanna Matti. Am 30. Oktober, am letzten Tag der regulären Saison, bildet die Musikcollage den Schlusspunkt des Schlossjahres.
Für Matti, die bereits im Jahr 2003 mit «Die Tantenjahre eines Teufelskerls» ein Stück über Wedekind auf die Bühne, damals im Alten Gemeindesaal in Lenzburg, brachte, liebäugelte schon vor 20 Jahren mit einem Auftritt am Originalschauplatz: «Schon damals war es ein grosser Traum von mir, ein Wedekind-Programm auf dem Schloss zu zeigen.»
Fasziniert von der Figur
Bei den meisten Programmen der «Fledermäuse» handelt es sich um Collagen von populären Operettenmelodien, die in einen neuen, in der Regel in die Gegenwart reichenden Handlungsstrang eingebettet werden.
Bei den Wedekind-Stoffen, obwohl hier in der neuen Version auch bekannte Stücke von Léo Delibes, Johann Strauss, Jacques Offenbach und sogar Giuseppe Verdi erklingen, steckt jedoch mehr, vor allem mehr Herzblut von Hanna Matti, dahinter: «Die Figur von Frank Wedekind, auch seine erotisch angehauchte Seite, hat mich seit jeher fasziniert und beschäftigt.»
Dabei ist Matti vor allem durch intensives Quellenstudium der Frage nachgegangen, wie sehr die Zeit auf der Lenzburg respektive die Mutter, von der er die Liebe zum Theater übernommen hatte, und der dominante Vater, von dem er unbewusst viele, nicht nur positive Eigenschaften geerbt hatte, sein späteres Leben beeinflusst hatte.
Heimspiel einer Lenzburgerin
Im zweiten Akt von «abARTiger Teufelskerl» trifft der in ein Reiterkostüm gesteckte Frank Wedekind (gegeben von Tenor Daniel Zihlmann) auf Frauen, die ihn massiv geprägt haben. Ein veritables Heimspiel absolviert dabei die Lenzburger Sopranistin Andrea Hofstetter, die einerseits Schwester Erika Wedekind gibt, andererseits als «Die literarische Tante» Minna von Greyerz auftritt.
Barbara Baer (ebenfalls Sopran) spielt Wedekinds Jugendfreundin Sophie Haemmerli-Marti und die Witwe Berta Jahn («Die erotische Tante»). Während Autorin Hanna Matti als Mutter Emilie in Erscheinung tritt, spielt auch Tenor Niklaus Rüegg eine Doppelrolle: Als Wedekinds Jugendfreund Oscar Schibler zieht er mit ihm durch die Spelunken und als Olga Plümacher («Die philosophische Tante») sorgt er für Tiefgang.
Begleitet werden die Solisten durch die Musiker Ursula und Esther Zimmerli, Erich Güntensperger und Andres Joho, der die musikalische Leitung innehat.
«abARTiger Teufelskerl». Satirisch-erotische Soirée über die Lenzburger Sturm- und Drangjahre des Dichters Frank Wedekind, eine Musikcollage des Ensembles «Fledermäuse». – Sonntag, 30. Oktober, 16.30 Uhr im grossen Rittersaal auf Schloss Lenzburg. – Eintrittspreise: 45/60 Franken (Lehrlinge und Studenten 10 Franken Ermässigung). – Vorverkauf (bis 28. Oktober): Büro Ryser AG, Rathausgasse 24, Lenzburg, Telefon 062 891 11 66. Abendkasse ab 15.30 Uhr.