Salzkorn: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Romi Schmid
Romi Schmid

Alles begann mit Gesten und Grunzlauten. Erst vor 100 000 Jahren erreichte der Homo sapiens seine volle Sprachfähigkeit. Und weil er sich mitteilen wollte, nutzte er Rauchzeichen und Brieftauben, später Post, Telefon, E-Mail und SMS. Dann kam die Sprachnachricht. Eine Erfindung des Teufels.

Wenn ich auf dem Display meines Smartphones sehe, dass mir jemand eine Sprachnachricht gesendet hat, rollen sich mir die Zehennägel ein. Die gesprochenen Sprachschnipsel nerven aus vielen Gründen. Seit der Mensch mit Feder und Pergament im Kerzenschein sass, ringt er um angemessenen Ausdruck seiner Gedanken. Heute aber braucht es weder einen besonderen Ort noch Zeit, nicht einmal einen Gedanken. Das Gerät waagerecht vor den Mund, Mikrofonsymbol drücken, sprechen, fertig. Das klingt dann oft so: «Hoi du … wollte mich nur kurz melden … bin gerade im Migros … ääähhm … warte mal … krass, hier gibts schon Osterhasen ... wo war ich stehen geblieben? … sorry, megalaut hier … ach vergessen. Bis bald!»

Schon klar, manchmal ist es einfach praktischer, kurz einen ganzen Podcast ins Handy zu stammeln, als sich die Zeit für eine Textnachricht zu nehmen. Aber Sprachnachrichten lösen das Zeitproblem nicht, sie verlagern es nur, und zwar in Richtung des Empfängers. Dieser hat nämlich keine andere Wahl, als sich die zweieinhalbminütigen bis halbstündigen Ergüsse anzuhören – nachdem er zuvor mindestens genauso lange gebraucht hat, um seine Kopfhörer zu suchen.

Das Schwierigste an Sprachnachrichten ist aber das Antworten. Goethes Faust würde man ja auch nicht einfach mit einem Daumen-Hoch-Emoji quittieren.

Sieben Milliarden Sprachnachrichten werden übrigens jeden Tag allein bei WhatsApp verschickt, liess das Unternehmen kürzlich verlauten. Nicht von mir. Ich schreibe oder schweige.

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