Neue Bahnhofstrasse: Weniger öV, mehr Verkehr?

Verkehrspolitik: Die Mitte-Links-Parteien sind mit der an der letzten Einwohnerratssitzung beschlossenen Aufhebung des Bushaltestelle Angelrain nicht einverstanden. Die Stellungnahme von CVP, GLP, Grüne und SP:

«Die Lenzburger Bahnhofstrasse ist ein Sanierungsfall, das ist offensichtlich und unbestritten. Die Nutzungs- und Aufenthaltsqualität muss für alle Verkehrsteilnehmenden verbessert werden – Fussgänger, Velofahrende, öV, Autoverkehr. Diese jedoch gegeneinander auszuspielen, gemäss Änderungsantrag der bürgerlichen Parteien SVP und FDP, ist für CVP, GLP, Grüne und SP so nicht annehmbar.

Die stadträtliche Vorlage für die Sanierung der Bahnhofstrasse war nicht perfekt. Dies aber vor allem wegen der engen Platzverhältnisse und der unterschiedlichen Anforderungen. Unter diesen Voraussetzungen erfordert die neue Bahnhofstrasse von allen Nutzern gewisse Kompromisse. Dies jedoch vor allem zu kurzen Stosszeiten, in Ausnahmefällen – meist wäre ein rücksichtsvolles Miteinander gut möglich. 

Aus Sicht von Mitte-Links kam vor allem der Veloverkehr zu kurz, fehlt doch weiterhin eine Velospur vom Bahnhof zur Altstadt und sind die Querungsmöglichkeiten am Ende und Beginn der Bahnhofstrasse nach wie vor nicht ideal. Aber eben: Kompromisse müssen eingegangen werden, ein Miteinander ist nötig.

Mit der Begründung, für mehr Sicherheit sorgen zu wollen, beantragten SVP und FDP jedoch die Bushaltestellen an der Bahnhofstrasse (Angelrain) ersatzlos zu streichen – dies soll (für die verbleibenden Verkehrsteilnehmer) mehr Raum schaffen, vor allem für Nutzer des Fussgängerstreifens auf Höhe Angelrainstrasse. So werden öV, Fuss- und Veloverkehr gegeneinander ausgespielt. Für CVP, GLP, Grüne und SP kam dies nicht in Frage, geschlossen votierten sie gegen diesen Antrag, der schlussendlich auch nur knapp mit Stichentscheid des Ratspräsidenten angenommen wurde.

Mit der Aufhebung wird die Distanz zwischen den verbleibenden Haltestellen Hypiplatz und Bahnhof zu lang: aktuell mehr als 700 Meter, mit der angedachten Verlegung des neuen Busbahnhofs weiter nach Westen dann sogar noch länger. In Städten werden Distanzen von 300 bis 400 Metern zwischen Haltestellen empfohlen.

Mit dieser Ausdünnung des öVs entfällt für Schüler die nahe der Schulhausanlage (und Musikschule) Angelrain gelegene Haltestelle. Diese wird vor allem bei schlechtem Wetter oder langen Schulwegen genutzt. Somit könnte der unverständliche Entscheid auch zu mehr Elterntaxis führen. Eine Entwicklung, die eigentlich verhindert werden sollte.

Auch wer mit (viel) Gepäck unterwegs oder gehbehindert, in der Mobilität eingeschränkt ist, wird sich allenfalls neu orientieren müssen. Zu Fuss wird die lange Strecke zum Bahnhof – oder zurück – nicht von allen bewältigt werden können. Es ist zu hoffen, dass die Anzahl Autofahrten nicht zu stark zunimmt, die neue, niveaugleiche Bahnhofstrasse dann nicht zur Autoabstellfläche verkommt. Die (leider) wenigen Geschäfte und Dienstleister (unter anderem eine Arztpraxis) an der Bahnhofstrasse schätzten die nahen Haltestellen vermutlich ebenfalls …

Von Seiten SP wurde ein Rückweisungsantrag in die Diskussion eingebracht, mit dem Ziel, die Bedenken der bürgerlichen Seite aufzunehmen und in einem überarbeiteten Projekt mit den Bushaltestellen zusammen umzusetzen. Auch dieser Antrag scheiterte jedoch an den selben Fronten im Rat. Unverständlich, wenn effektiv die Sicherheit das ausschlaggebende Argument sein soll.

Als zweiter Teil des rechtsbürgerlichen Änderungsantrags wurde gefordert (und angenommen), dass ein stärkerer Strassenbelag für ein höheres Verkehrsaufkommen umgesetzt werden soll. Dies kann einerseits die Lebensdauer des Belags verlängern, aber eben auch als Argument für mehr Verkehr auf der Bahnhofstrasse genutzt werden. Oder um sich gegen eine Reduktion des Verkehrs auszusprechen. Für eine aufgewertete Bahnhofstrasse mit höherer Aufenthaltsqualität macht dies auch wenig Sinn. Die neue Bahnhofstrasse sollte eine einladende Verbindung vom Bahnhof in die Altstadt sein, mit möglichst wenig Auto- und vor allem Schwerverkehr.

Was bleibt somit? Ein relativ teures Strassensanierungsprojekt, das Velofahrende nicht zufrieden stellt und keinen öV mehr bietet. Will die Lenzburger Stimmbevölkerung dies?»

Die Einwohnerratsfraktionen der CVP, GLP, Grüne und SP

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