Hinter den Kulissen: Der Weg des Wahlzettels
Wahlreportage 42 Mitwirkende, ein Ziel: Jede Stimme zählt. Bei den Proporzwahlen in Lenzburg leistete Markus Bucher mit seinem Team unermüdlichen Einsatz nach klarem Plan. Eine vielstufige Reise durchs Rathaus – von der Öffnung der Couverts bis zur digitalen Auszählung.

Abstimmungen finden meist viermal pro Jahr statt – deren Termine legt der Bund bereits rund zehn Jahre im Voraus fest. Bei den Proporzwahlen ist der Aufwand besonders gross: Dieses Wochenende halfen deshalb im Lenzburger Rathaus statt 9 Personen gleich 42 – von Verwaltungsangestellten über Lehrlinge bis zu Studenten und Handwerkern. Hauptverantwortlich für den reibungslosen Ablauf der Wahlen ist das Wahlbüro, das aus neun vom Einwohnerrat gewählten Personen besteht. Die Leitung liegt bei Markus Bucher, der als Stellvertreter der Vize-Stadtschreiberin im Verborgenen die Fäden zieht. «Es braucht im Hintergrund einen beträchtlichen Apparat und alles muss gut organisiert sein», so Bucher. Er betont: «Die Arbeit des Wahlbüros sichert eine der Grundlagen unserer Demokratie: Das Recht, frei abstimmen und wählen zu dürfen.» Damit dieses System funktioniert, brauche es ein Team, das unter Einhaltung aller Regeln korrekt auszählt – und auf seine Helferinnen und Helfer könne er sich stets verlassen.
Alltagsgeschäft im Wahlbüro
Viele Wahlhelfende waren am Samstag zwischen 8.30 Uhr und 22 Uhr bereits einmal im Einsatz, um möglichst viel vorarbeiten zu können. Für die vorzeitige Öffnung der Couverts war ein Gesuch beim Kanton erforderlich – die kommunalen Vorlagen (das Budget 2026 und die Wahl des Vizeammanns) durften jedoch erst am Sonntag bearbeitet werden. Am Samstagmorgen trafen sich vorerst zwei Vertreter des Wahlbüros und zwei bis drei Helfer – Markus Bucher eingeschlossen –, um den ersten Stapel eingegangener Rückantwortcouverts zu öffnen. Dabei wird geprüft: Ist die Unterschrift vorhanden? Werden ausschliesslich amtliche Couverts verwendet und sind diese verschlossen? Wenn nicht, ist die gesamte Stimmabgabe ungültig. Bis zu zwei Prozent fallen bereits in diesem Schritt weg. Danach wird der Stimmrechtsausweis vom verschlossenen Stimmzettelcouvert getrennt, damit keine Rückschlüsse auf die Stimmenden möglich sind. Das gesamte ordentliche Wahlbüro beginnt anschliessend mit der Arbeit: Nach dem maschinellen Öffnen der Couverts wird sortiert. Die Stimmzettel werden nach Ja, Nein, leer und ungültig aufgegliedert und entsprechend geordnet. Gezählt werden die Stapel mit einer Geldzählmaschine, die Hunderterbündel bildet. Im nächsten Jahr kommt eine zweite Maschine dazu. Hätten keine Proporzwahlen stattgefunden, wäre dieses Tagesgeschäft am Sonntagmorgen über die Bühne gegangen.
Proporzwahlen: «Das ist eine Herausforderung»
Bei den Proporzwahlen (Nationalrat, Grosser Rat und Einwohnerrat) kommen zahlreiche zusätzliche Arbeitsschritte hinzu, die sich über das ganze Rathaus verteilen. «Das ist eine Herausforderung – viele Leute wissen nicht, was im Hintergrund alles erledigt werden muss», erklärt Bucher. Der erste Schritt bei jedem Wahlzettel ist das Stempeln, um zu bestätigen, dass jede Person nur einen abgibt. Danach wandern die Listen in den nächsten Raum.
Team S – Sortieren
Zunächst werden die Wahlzettel nach Partei sortiert – eine der sieben kandidierenden oder die leere Liste – und innerhalb der Partei danach, ob sie verändert oder unverändert sind. Anschliessend werden die entsprechenden Bündel gezählt und mit dem Nummerierstempel markiert. In 50er-Stapeln kommen dann die Listen in ein internes Couvert mit Listennummer, Partei und Couvertnummer – und setzen ihre Reise durchs Rathaus fort.
Team K – Kontrolle
Jede veränderte Liste wird genau geprüft. Die handschriftlich hinzugefügten Namen müssen kontrolliert werden: Hat die Person tatsächlich kandidiert? Stimmen die Namen mit den Kandidatennummern überein und ist eine Person höchstens zweimal aufgeführt? Anschliessend werden die Linien zusammengezählt und dokumentiert. Sieben Kontrollteams sind im Einsatz, die jeweils in Zweiergruppen arbeiten. Für die Bearbeitung eines 50er-Couverts wird rund eine Stunde benötigt – jede Gruppe kontrolliert durchschnittlich vier solcher Couverts.
Team E – Erfassungen
Die kontrollierten Wahlzettel werden nun vom Papier ins System übertragen. Auch hier arbeiten Zweierteams: Eine Person liest vor, die andere tippt ein und kontrolliert – im Akkord. Bis zu diesem Schritt wurden bereits rund eineinhalb Stunden mit dieser Liste gearbeitet. Nach der Übertragung wird das Couvert nochmals stichprobenartig geprüft. Stimmen die virtuelle und die physische Liste überein, wird das Couvert abgeschlossen. Die effektive Auszählung erfolgt dann durchs System.
Vom Trubel zur Ruhe – ein Erfolgserlebnis
Der abschliessende Teil des Wahlprozesses ist sehr technisch: Die Ergebnisse werden an die Staatskanzlei des Kantons übermittelt mit Ausnahme der kommunalen Vorlagen, die Markus Bucher zusammen mit dem Präsidium des Wahlbüros im Vieraugenprinzip abschliesst. Die Ergebnisse dürfen am Sonntag erst ab 12 Uhr veröffentlicht werden, obwohl in Lenzburg die Urnen bereits um 10 Uhr schliessen. In einem späteren Schritt werden die Couverts abgepackt und zur sogenannten Erwahrung eingelagert. Nach der Freigabe werden die Akten vernichtet. «Ich liebe die administrativen Abschlussarbeiten am Sonntag, wenn alle gegangen sind. Eine halbe Stunde für mich allein im ruhigen Rathaus – das geniesse ich», schwärmt Bucher. Für ihn ist das Wahlgeschäft eine der absolut liebsten Aufgaben und jedes Mal ein kleines Erfolgserlebnis. Rückblickend bestätigt er, dass aus Sicht des Wahlbüros alles sehr gut gelaufen ist und sich die Einsatzplanung bewährt hat. Und laut Bucher das Wichtigste: «Die Resultate der Abstimmungsvorlagen und Wahlen wurden speditiv und vor allem präzise ermittelt.»



