Einwohnerratsitzung mit viel Emotionen und Voten

An der letzten Einwohnerratssitzung wurde nicht mit Kritik gespart.Foto: Michael Hunziker

Einwohnerrat Bereits im Vorfeld zur Einwohnerratssitzung letzte Woche waren in der Stadt verschiedene Stimmen zu den Plänen des Kantons zu vernehmen, wie die Ammerswilerstrasse saniert werden soll. Besagte Vorlage hatte im Kern für jede Fraktion etwas zum Bemängeln dabei. Zeitlich nicht dringend, zu kostenintensiv, zu wenig Sicherheit für Velofahrer, Enteignungen – die Vorlage schien ein All-you-can-eat-Buffet der Sorgen und Nöte zu sein.

Corin Ballhaus war an diesem Abend Rednerin für die GPFK. Das Organ war mehrheitlich für die Vorlage. Trotzdem ging sie nicht sparsam mit Kritik um: «Einmal mehr wurde uns ein wahres Flickwerk einer Vorlage unterbreitet und einmal mehr schaffte es der Stadtrat nicht, von Anfang an Transparenz zu schaffen.» Die GPFK bemängelte dabei die fehlende Aufteilung der Baukosten. Ballhaus bezog sich beispielsweise auf den Umstand, dass Belag und Aushub der Strasse als Sondermüll entsorgt werden müssen. Kostenpunkt: 600000 Franken. Diese seien zu Beginn nicht ersichtlich gewesen.

Eine knappe Angelegenheit

Aus den Fraktionen kamen ablehnende, aber auch positive Stimmen zum Projekt. Während es für die Mehrheit der Sozialdemokraten und alle Grünen eine zu teure und zu unsichere Vorlage war, bemängelte Corinne Horisberger-Buri (FDP), dass kein Zeitdruck bestehe und auch die Anwohnerinnen und Anwohner nicht überzeugt von den Plänen seien.

Für GLP, Mitte und SVP überwogen die positiven Aspekte. Michael Häusermann (SVP) wies auf die Verbesserung der Fussgängersicherheit hin. Auch Mitte-Frau Christina Bachmann-Roth und GLP-Mann Adrian Höhn fanden kritische, aber mehrheitlich zustimmende Worte. Die Abstimmung war eine knappe Angelegenheit mit 16 zu 19. Drei an diesem Abend fehlende Mitglieder der FDP bescherten dem Konglomerat aus GLP, Mitte und SVP die Mehrheit. Die Vorlage des Stadtrates wurde unter Beifügung dreier Änderungsanträge der GLP in vorerst trockene Tücher gelegt. Es vergingen keine zehn Minuten, bis diese Tücher wieder seicht wurden: Am selben Abend verkündeten Fabian Würmli (SP) und andere Vertreter der IG Ammerswilerstrasse den anwesenden Medien, sie würden das Referendum ergreifen. Dies, nachdem Martin Killias’ (SP) Antrag, das Geschäft dem fakultativen Referendum zu unterstellen, abgelehnt wurde.

Gleichstellung von Menschen mit Behinderung wohl zu abstrakt

Ein weiteres emotionales Thema war die Beantwortung einer schriftlichen Anfrage von Claudia Casanova (Mitte). Sie wollte wissen, ob beim Erweiterungsbau des Schulhauses Mühlematt die Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» eingehalten wurde und ob die Bauabnahme von einer externen Beratungsstelle begleitet worden sei. Auf vier beeindruckend formulierten Seiten ging die Stadt auf die beiden Fragen ein, beantwortete die erste mit «Jein» und die zweite mit Nein. Für Casanova unzureichend: «Ich bin nicht ganz glücklich mit der Beantwortung», begann sie. Es gebe Punkte, die der SIA 500 entsprächen, aber auch solche, die es nicht würden. Beispielsweise fehlen die Markierungsstreifen. In der Beantwortung heisst es, «bei Bedarf» würden diese angefügt. «Warum wird das Behindertengleichstellungsgesetz nicht einfach umgesetzt?», fragte sie in Richtung der Stadträte. «Und warum spart man bei diesen Markierungen, die sonst restlos in sämtlichen öffentlichen Bauten im Kanton vorhanden sind?» Im Saal wurde es zunehmend ruhiger. Das Klacken der Tastaturen der Medienschaffenden waren die einzigen Geräusche, die Casanovas Worte begleiteten. «Vielleicht ist dieses Thema einfach zu abstrakt für euch», meinte sie irritiert zu den Anwesenden. Stadtrat Andi Schmid versicherte ihr, dass es kein Ziel sei, die SIA-500-Norm nicht einzuhalten. «Für uns ist sie verpflichtend.»

Auf Rückmeldungen nach Bedarf würden die Markierungen angebracht. Bei zukünftigen Bauten sollen die Normen direkt umgesetzt werden. Diese Antwort deklarierte die Votantin als Beweis für ein «Haltungsproblem» auf Seiten des Stadtrates. «Diese Haltung ist diskriminierend. Ich will mich nicht überall anmelden und fragen müssen, ob mein Besuch genehm sei.» Der Paradigmenwechsel sei nicht mehr aufzuhalten. «Gewöhnt euch daran. Wir Menschen mit Behinderung werden jedes Mal erneut aufstehen, um für unsere Rechte zu kämpfen», sagte sie. Die Einwohnerratssitzung schloss nach einem Referat von Leiter Fachstelle Umwelt Max Chopard-Acklin spät nach einem emotionalen Abend.(rfb)

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