Einmal Samichlaus, immer Samichlaus
Lenzburg Mauro Stritt ist seit 20 Jahren Samichlaus und besuchte in dieser Zeit mehr als 800 Kinder. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht.
Alle Jahre wieder kommt der Samichlaus. Und alle Jahre wieder steigt Mauro Stritt in seinen roten Chlauskittel, schnallt sich den schweren Ledergurt um und versteckt seine dunklen Haare unter einer roten Mitra, der traditionellen Bischofsmütze. Sitzen Kittel, Mitra und der angeklebte weisse Bart, spricht er automatisch drei Oktaven tiefer. «Ich bin dann automatisch in der Rolle drin», so der 36-jährige Othmarsinger.
Keine Angst, aber Respekt
In seiner eigenen Kindheit hat Stritt viele gute Erfahrungen mit dem Samichlaus gemacht. «Bei uns kam der Chlaus jedes Jahr vorbei – er hatte oft bis zu acht Schmutzli dabei. Das war immer sehr eindrucksvoll», erinnert er sich. Angst habe er nie gehabt, aber Respekt. Angst sollen auch die Kinder, die er seit 20 Jahren als Samichlaus besucht, nicht haben. «Ich begebe mich immer auf Augenhöhe mit den Kindern, dann schöpfen sie schnell Vertrauen», sagt er. Und wenn ein Kind doch Angst hat? «Wenn es an den Schmutzli liegt, schicke ich sie nach hinten oder sogar raus.»
In den vergangenen 20 Jahren konnte er als Samichlaus viele schöne Erlebnisse sammeln. Besonders gefällt ihm, wenn die Kinder sich auf den Besuch vorbereitet haben, etwa mit einer Zeichnung, einem schönen Versli oder einem Musikstück. Und es gibt auch heitere Momente: etwa dann, wenn dem Chlaus beim Eintreten die bis zu 20 Zentimeter hohe Mitra erst mal vom Kopf runterrutscht, weil er sich im Türrahmen zu wenig gebückt hat, oder dann, wenn ein Kind Geige spielt, die ganze Familie im Hintergrund schmerzhaft das Gesicht verzieht und er als Chlaus die Haltung bewahren muss. «Dann lächelt man einfach leise in seinen Bart hinein», so der Geschäftsführer des Othmarsinger Sanitär-, Heizungs- und Spenglereidienstleisters Peter Stritt.
Vom Schmutzli zum Oberchlaus
Angefangen hat Stritt wie üblich als Schmutzli. Doch er merkte bald, dass in ihm mehr steckt, vielleicht ein Samichlaus? «Als ich das erste Mal in die Rolle des Samichlaus geschlüpft bin, habe ich mich sofort wohl gefühlt. Ich liebe es, mit den Kindern zu sprechen und mit ihnen diesen wichtigen Moment im Jahr zu gestalten», so Stritt, der seit mehr als 10 Jahren für die Planung und die Koordination der bunt zusammengewürfelten St.-Nikolaus-Gruppe Lenzburg verantwortlich ist. «Da bin ich irgendwie reingerutscht», schmunzelt Stritt, «wir sind eine freie Gruppierung, bunt zusammengewürfelt, und treffen uns jedes Jahr zum Chlausen.» Für die Organisation ist Stritt nicht allein zuständig – weitere Personen helfen mit. «Wir nennen sie liebevoll unsere Engel», sagt Stritt. Denn: «Alleine würde es nicht gehen.»
Rund 100 Familien wünschen sich für ihre Kinder jährlich den Besuch vom Samichlaus – Tendenz steigend. «Das Chlausen ist relativ aufwändig und der Zeitplan jeweils straff», verrät Stritt. An zwei Abenden um den 6. Dezember rückt die St.-Nikolaus-Gesellschaft jeweils mit knapp 10 Chläusen und 20 Schmutzli aus. Pro Gruppe sind vier bis fünf Hausbesuche am gleichen Abend möglich. «Trotz Termindruck nehmen wir uns für jedes Kind Zeit. Das ist uns wichtig», so Stritt. So kommt es auch, dass der Zeitplan nicht immer eingehalten werden kann – manchmal kommt der Samichlaus dann eben später als vereinbart. Aber: «Der Samichlaus kommt doch nie zu spät», lacht Stritt.
Wünschen würde er sich mehr Helfer. Es fehlt nicht nur an Chläusen, sondern auch an Schmutzli und Helfern im Hintergrund, etwa in der Küche oder der Maske. «Alle, die mitmachen wollen, sind herzlich willkommen», so Stritt. Auch für die diesjährigen Einsätze am 2. und 3. Dezember sucht Stritt noch Schmutzli und Helfer. «Interessierte können sich bei mir unter st.nikolenzburg@gmx.ch melden», sagt er. Geld gebe es für die ehrenamtlichen Einsätze zwar nicht, aber das Leuchten der Kinderaugen sei ohnehin der schönste Lohn, so der Familienvater.
Samichlaus ist ein Freund
Verändert habe sich in den letzten 20 Jahren nicht viel. Wichtig ist Stritt, dass die Kinder den Samichlaus als Freund sehen. «Man merkt, welche Eltern den Samichlaus für Erziehungszwecke nutzen», so Stritt, der die Kinder gern lobt, sie aber auch auf Dinge aufmerksam macht, die sie noch besser machen können. «Oft sind es Kleinigkeiten wie aufräumen, mehr Gemüse essen und weniger mit den Geschwistern streiten», weiss er. Auch der Schmutzli sei ein lieber Kerl. Er sehe in seinem dunklen Gewand zwar beängstigend aus, aber sei absolut zahm und ein treu ergebener Diener vom Samichlaus.
Manchmal, erzählt er, weisen ihn die Kinder auch auf Freveltaten der Eltern hin. «Das wirklich Schwierige an Kindererziehung ist ja bekanntlich, sich selbst an die ganzen Regeln zu halten», schmunzelt Stritt. Dann bittet er die Eltern mit vorgespielter Ernsthaftigkeit, sich zu bessern. «Oft erfüllt dann amüsiertes Kichern den Raum», sagt er. Solche Momente sind es, die dem Samichlaus ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.