Ein harter Kampf um das Budget 2022
Finanzen Das zweite Budget im Coronazeitalter sieht für Lenzburg zwar ein positives Gesamtergebnis vor, doch 2022 rutscht die Einwohnergemeinde wegen Investitionen wieder in die Schulden.
Am 23. September entscheidet der Einwohnerrat über das Lenzburger Budget 2022. Gemäss Vizeammann und Finanzministerin Franziska Möhl hat es sich der Stadtrat mit der Ausarbeitung nicht leicht gemacht: «In einem ausserordentlich anspruchsvollen Prozess hat man viele Streichungsrunden durchgeführt.»
Nicht weniger als acht Mal sass die Stadtregierung über dem Voranschlag für das nächste Jahr und schraubte an den Zahlen. Dies hing auch mit den selbst auferlegten Vorgaben zusammen: Angesichts der grossen anstehenden Aufgaben in den nächsten Jahren wollte man eine Selbstfinanzierung von 5,5 Millionen Franken erreichen. Im ersten Anlauf wurde dieses Ziel um sage und schreibe 4,4 Millionen verfehlt.
Stabiler Steuerfuss
Diese Herkulesaufgabe meisterten Stadtrat und Finanzverwaltung mit Dispositionen im Einnahmen- und Ausgabenbereich. Verzicht oder Rückstellung von verschiedenen Projekten (etwa die Anschaffung von neuem Mobiliar für den Alten Gemeindesaal) liessen den Aufwand schrumpfen. Im Weiteren fallen die Gemeindeanteile an den Unterhalt der Kantonsstrasse ab nächstem Jahr tiefer aus; statt wie bisher 56 sind neu 35 Prozent fällig.
Zudem wurden mehr Einnahmen disponiert. Der Steuerfuss, ebenfalls eine nahezu sakrosankte Vorgabe, wurde bei 105 Prozent belassen. Trotz unklaren Auswirkungen der Pandemie werden bei den Einkommens- und Vermögenssteuern der natürlichen Personen im Budget 2022 1,5 Millionen Franken mehr eingesetzt als im laufenden Jahr. Dieser Wert liegt immer noch tiefer als der Abschluss der Rekordrechnung aus dem Jahr 2020.
Zudem profitiert die Einwohnergemeinde vom sich erfreulich abzeichnenden Geschäftsgang der SWL Energie AG. Es wird eine (Maximal-)Dividende von 2 Millionen Franken budgetiert; für 2021 lag dieser Wert noch bei 1,2 Mio.
7,7 neue Vollzeitstellen
In der Budgetdebatte im Stadtparlament gibt jeweils der Personalbestand zu reden. Diesmal scheint die Aufstockung mit 7,7 Vollzeitstellen (plus fast sechs Prozent gegenüber dem laufenden Jahr) besonders hoch.
Neu geschaffen wird eine 100-Prozent-Stelle für einen Projektleiter Digitale Transformation. Um 60 Prozent aufgestockt wird «Standortentwicklung & Kommunikation», damit dort eine permanente Stellvertretung gewährleistet ist. Durch eine Reorganisation (Schaffung einer Stelle Leiter Stadtplanung) wird im Ressort Bau die Abteilung «Stadtplanung & Hochbau» um eine 80-Prozent-Stelle ausgebaut. Damit soll auch die Übernahme der Bauverwaltung Hunzenschwil ab nächstem Jahr abgedeckt werden.
Vollständig für regionale Dienstleistungen sind die neuen Stellen für das Betreibungsamt Lenzburg-Seetal (120 Prozent) und die Zivilschutzorganisation Lenzburg-Seetal (100 Prozent) gedacht.
Fehlen noch 3,1 Stellen im Bereich Soziales, für die Stadtrat Andreas Schmid gute Gründe ins Feld führt. 200 Stellenprozente sind nötig, um die stetig anspruchsvoller werdenden administrativen Arbeiten im Kinder- und Erwachsenenschutzdienst bewältigen zu können. Aus selbst Schmid nicht eruierbaren Gründen sind hier die Fallzahlen im dritten Quartal des letzten Jahres massiv angestiegen. «Im Frühjahr haben wir im Stadtrat Alarm geschlagen und diese Stellen durch Umlagerungen bereits besetzt.»
Durch eine Reorganisation – Einführung des Assistenzsystems – sollen beispielsweise Berufsbeistände von der Administration entlastet werden. Zusammen mit den 50 Stellenprozenten für die Sozialarbeit und den 60 Prozent für einen Ausbildungsplatz bei der Jugendarbeit erhofft sich Schmid mittelfristig einen effizienteren Einsatz der Mittel: «Den Mehrbedarf kann ich nachvollziehbar belegen. Wir wissen zwar nicht, wohin die Reise geht, aber ich bin optimistisch.»